Amnesty-Aktivisten in der Türkei festgenommen
Unter den Inhaftierten ist auch die Direktorin des türkischen Büros der Menschenrechtsorganisation
Laut Amnesty International ist die Direktorin der türkischen Sektion von Amnesty, Idil Eser, durch die türkische Polizei festgenommen worden. Neben Eser wurden neun weitere Menschen inhaftiert. Die genauen Hintergründe der Festnahme sind noch unklar. Die Festnahmen erfolgten laut Amnesty bereits am Mittwoch auf der Insel Büyükada bei Istanbul. Die sieben Menschenrechtler haben in einem Hotel an einem Workshop zu digitaler Sicherheit und Informationsmanagement teilgenommen. Dort wurden sie von der türkischen Polizei inhaftiert. Auch der schwedische und der deutsche Workshopleiter sind festgesetzt worden, ebenso der Leiter des Hotels. Bisher wurde den Anwälten der Festgenommenen kein Zugang zu ihnen gewährt. Was ihnen genau, vorgeworfen wird ist noch unklar.
Es ist nicht die erste Inhaftierungen, die Amnesty in den eigenen Reihen zu beklagen hat. Vor weniger als einem Monat wurde der Vorsitzende von Amnesty International in der Türkei, Taner Kilic, festgenommen. Dies geschah mit der Begründung, der Menschenrechtler habe Verbindungen zu Mitgliedern der Gülen-Bewegung unterhalten. Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich.
Der Generalsekretär von Amnesty, Salil Shetty, verurteilte die Verhaftung von Eser: »Wir sind verstört und wütend, dass einige der engagiertesten Menschenrechtsverteidiger in der Türkei ohne Grund festgenommen worden sind«. Shetty sprach von einem » grotesker Machtmissbrauch«. Der Fall zeige einmal mehr, unter was für schwieriger Bedingungen Menschenrechtsaktivisten in der Türkei zu kämpfen hätten, so der Generalsekretär.
Die Türkei ist schon lange als »weltweit größtes Gefängnis« für Aktivisten und Journalisten bekannt. Mehr als 150 Reporter und Redakteure sitzen in türkischer Haft, daruter der Welt-Korrespondent Deniz Yücel und die Journalisin Meşale Tolu Çorlu. Seit dem gescheiterten Putschversuch gehen die Behörden noch stärker gegen Journalisten und Aktivisten vor.
Shetty sprach deshalb eine klare Forderung in Richtung des dieses Wochenende in Hamburg stattfindenden G20-Gipfels aus. Die Staats und Regierungschefs, die dort zusammenkommen, seinen bisher »erstaunlich tolerant mit den Menschenrechtsverletzungen in der Türkei umgegangen.« Mit Präsident Erdoğan in ihrer Mitte sei jetzt die Gelegenheit gekommen, auf dem Gipfel »klar und laut für die Freilassung aller Menschenrechtsverteidiger hinter Gittern einzutreten«.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.