Ein Königreich für eine warme Dusche
Robby machte ein paar Tage Station in New York, doch nun hat er genug von der Großstadthektik
Knapp 1600 Kilometer Fußweg liegen hinter Robby, seit wir ihn am 7. April in Berlin mit allen guten Wünschen verabschiedet haben. 1600 von rund 25 000 bis zum Südpol, den er Ende Februar 2019 erreichen will. So gesehen steht er noch ziemlich am Anfang seiner Tour. Und doch: Was hat er nicht schon alles erlebt! Er absolvierte den Nordpolmarathon, einen der härtesten Marathons der Welt; er durchquerte Grönland und ging dabei bis an seine Grenzen, wie er uns erzählte; er war in großen Städten wie Montreal und Boston und lief tagelang durch fast menschenleere Gegenden in den USA. »Manchmal ist es schon ein bisschen einsam, dann lenke ich mich unterwegs mit Schritte zählen, Lieder singen und rechnen ab«, verriet Robby. Inzwischen hat er New York erreicht, hier ist es alles andere als einsam, und der Weltenbummler genießt für ein paar Tage die quirlige Metropole.
»Ich bin ja nicht unterwegs, um stur vom Nordpol zum Südpol zu laufen, ich will Menschen kennenlernen, Naturschönheiten bewundern und historische Stätten besuchen«, plauderte er putzmunter drauflos, als wir uns gestern mal wieder auf einen virtuellen Kaffee trafen. Bei uns schon mittags, hatte Robby gerade seine Morgendusche hinter sich.
Apropos Dusche: In New York hat er sich seit langem mal wieder ein festes Dach überm Kopf für die Nacht gegönnt und in einer Jugendherberge in Brooklyn eingecheckt. Außer der Tatsache, dass er dort ohne nächtliche Unterbrechungen durch Securityleute durchschlafen kann, ist es vor allem die tägliche Duschmöglichkeit, die er dort so schätzt. Und natürlich die Leute, denen er täglich begegnet: mal teilte er sich ein Zimmer mit Japanern, mal mit Chinesen oder Amerikanern. »Wenn ich denen erzähle, was ich mache, staunen die nicht schlecht. Manche wollen es zuerst gar nicht glauben, aber je länger wir miteinander reden, desto begeisterter sind die meisten und geben mir alle guten Wünsche mit auf den Weg«, erzählt Robby.
Am morgigen Dienstag wird er nach fünf Tagen Zwischenstopp in New York die nächste Etappe in Angriff nehmen, die ihn nach 145 Kilometern nach Philadelphia führen soll. Eigentlich wollte er bis zum Donnerstag in NY bleiben, doch »langsam wird es mir her zu stressig und zu hektisch. Was ich unbedingt sehen wollte, habe ich gesehen, nun zieht es mich wieder weiter.«
Sehen wollte er unbedingt das One World Trade Center, das mit 541,3 Meter höchste Gebäude der Stadt, dass zwischen 2006 und 2014 an der Stelle des am 11. September 2001 durch Terroranschläge zerstörten Worlds Trade Centers errichtet wurde, bei dem insgesamt 3000 Menschen starben. »Das war schon ein sehr bewegendes, emotionales Erlebnis für mich«, erzählt er, »und im Gegensatz zum quirligen Alltag in den Straßen der Stadt, merkt man da oben ziemlich schnell, dass die meisten Leute nicht nur wegen der fantastischen Aussicht gekommen sind. Man sieht viele nachdenkliche Gesichter, und auch bei mir kam sofort die Erinnerung an die schrecklichen Bilder wieder, die ich vor 16 Jahren im Fernsehen sah.«
Unerwartet erhielt Robby in New York eine E-Mail von der Deutschen Generalkonsulin Brita Wagener, die ihn spontan zu einem Besuch im Konsulat einlud. »Sie hatte von meinem Vorhaben gehört und wollte den ‚Verrückten‘ kennenlernen, der die Welt auf eigenen Füßen durchläuft. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut und habe die Gastfreundschaft dort auch sehr genossen.« Auch bei der Deutsch-Amerikanischen Industrie- und Handelskammer guckte Robby kurz vorbei, auch sie hatte den Sportler auf einen Besuch eingeladen.
Daneben gab es natürlich auch in New York immer wieder zufällige Begegnungen mit Menschen aus aller Welt. Auf dem Times Square, »wo ich mir unbedingt die gigantischen Lichtreklamen ansehen wollte, kam ich mit einem Pärchen aus Leipzig ins Gespräch, die sehr wohl wussten, wer vor ihm steht. Sie hatten mich in der Sendung ‚Riverboot‘ gesehen, wo ich kurz vor meiner Abreise aus Deutschland über mein Projekt sprach. Und vor der Freiheitsstatue kam ich mit Amina und Mili aus dem Sudan ins Gespräch. Die beiden konnten gar nicht fassen, wie man sich freiwillig in die Kälte zum Nordpol bewegen und dann auch noch Grönland durchqueren kann.«
Wie es um seine Gesundheit und seine mentale Verfassung so steht, möchte ich wissen. »Super, alles ist in Ordnung. Und über ein mentales Tief helfen mir fast tägliche Gespräche mit meiner Familie und Freunden und viele, viele E-Mails von Fans hinweg. Danke Euch allen dafür!« Wenn auch die Infrastruktur in Hinsicht auf Raststätten mit ordentlichen Sanitäranlagen in den USA längst nicht so gut sei, wie bei uns, die Internetverbindung steht bis fast in jeden Winkel. Was es ihm bis jetzt auch problemlos ermöglichte, seinen Weg von A nach B mit Hilfe des Navigationsgerätes zu finden.
Na dann Robby, genieß den letzten Tag in New York, die (vorerst) letzte ruhige Nacht und ausgiebig die letzte warme Dusche, bevor Dich die Landstraße wieder ruft. Wir treffen uns in Philadelphia. Bis dahin: Viel Glück auf den Weg.
Heidi Diehl
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