Robbys derzeitige Adresse: Irgendwo in der Atacamawüste

Der Weltenbummler hat Chile erreicht, das letzte Land auf seinem Weg vom Nordpol zum Südpol zu Fuß

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 5 Min.
Endlos zieht sich die Panamericana durch die Atacamawüste. Dennoch kein Grund für Robby, nicht auch mal große Sprünge zu machen.
Endlos zieht sich die Panamericana durch die Atacamawüste. Dennoch kein Grund für Robby, nicht auch mal große Sprünge zu machen.

Die Liste mit dem Streckenverlauf vom Nordpol zum Südpol zu Fuß, die mir Robby vor fast zwei Jahren gab, ist inzwischen fast abgehakt. Land für Land hat er seit seinem Start am 7. April 2017 durchquert, jedes Mal, wenn er erneut eine Grenze überschritt, setzte ich einen Haken hinter das Zurückgelassene. Den letzten vor gut zwei Wochen, als er von Peru nach Chile wechselte. Danach kommt nur noch eine große Herausforderung: Eine gut 1000 Kilometer lange schwere Wanderung durch ewiges Eis zum Südpol. »Spätestens am 6. Dezember muss ich in Punta Arenas sein. Von dort geht es dann in die Antarktis mit den Jungs, die mich auch schon sicher durch Grönland begleitet haben«, freut sich Robby auf das letzte große Abenteuer dieser Tour. Dass er auch diese Prüfung mit summa cum laude meistern wird, daran habe ich keinerlei Zweifel.

Seine Adresse zur Zeit lautet: Irgendwo in der Atacamawüste. Seit Tagen durchquert er sie – immer auf der insgesamt 25 750 Kilometer langen Panamericana entlang. Manchmal sieht er den ganzen Tag weder Baum noch Strauch, weder Häuser noch Menschen. Scheinbar endlos zieht sich die Panamericana durch die Wüste. Hier unterwegs zu sein, ist schon eine besondere Herausforderung – sowohl körperlich als auch mental, ließ mich Robby wissen. Doch zum Glück sei er ja nicht allein: Ralf, sein treuer Begleiter, und natürlich »Franky« sind immer an seiner Seite. Und manchmal trifft er auch auf Leute, die sich, so wie er, das Abenteuer Atacamawüste zielgerichtet ausgesucht haben. Neulich zum Beispiel eine internationale Gruppe von Jugendlichen, die es sich natürlich nicht nehmen ließen, mit dem Weltenbummler aus Germany ein Selfie zu machen. Und wie schon so oft in den vergangenen eineinhalb Jahren, kam auch diese Zufallsbekanntschaft nicht aus dem Staunen heraus, als er von seinem »Spaziergang« von einem Ende der Welt zum anderen erzählte.

Zufallsbegegnung mitten im nirgendwo in der Atacamawüste
Zufallsbegegnung mitten im nirgendwo in der Atacamawüste

Das scheint für Robby überhaupt die zweitwichtigste Mission nach dem Laufen zu sein: Erzählen! Die Überraschung ist dabei nicht immer nur für die Zuhörer groß, sondern oftmals ebenso für den Weltenbummler selbst. Wie neulich, als Robby zum zweiten Mal, seit er am Nordpol startete, seinen Geburtstag unterwegs feierte - da war er noch in Peru. Mir hatte er noch kurz vorher gesagt, dass er nichts Großes vorhabe, er wolle natürlich mit Zuhause telefonieren und den Abend zusammen mit Ralf und einer Flasche Mineralwasser mit doppelt Kohlensäure ausklingen lassen. So simpel aber wurde es dann doch nicht. An dem Tag vor seinem Geburtstag legten Ralf und Robby einen »Kulturtag« ein und fuhren mit einem Boot zu einer kleinen Insel im Titicacasee. Irgendwie landeten sie im Haus einer dort lebenden Familie, wurden herzlich bewirtet, erzählten über die Tour und hörten den Geschichten der Gastgeber zu. Darüber wurde es sehr spät. Mitternacht überraschte die Peruanische Familie Robby mit einer selbstgebackenen Torte und einem Geburtstagsständchen Ständchen. »Ich war total überrascht, denn ich hatte keine Ahnung, dass die von meinem Geburtstag wussten«, erzählt er. Wer da wohl geplaudert hatte?

Eigentlich sollte es eine ruhige Geburtstagsfeier werden, doch dann überraschte ihn eine peruanische Familie.
Eigentlich sollte es eine ruhige Geburtstagsfeier werden, doch dann überraschte ihn eine peruanische Familie.

Nun aber Chile, immer südwärts. Anfang November will er Patagonien erreichen. Eine Region, in die im 19. Jahrhundert viele deutsche Familien auswanderten und wohin ab 1933 zahlreiche deutsche Juden vor den Nazis flüchteten. Noch heute leben hier rund 50 000 Menschen mit deutschen Wurzeln, viele sprechen bis heute Deutsch, pflegen die Traditionen und Bräuche aus der alten Heimat. »Dort kann ich bestimmt mal wieder heimische Küche genießen«, hofft Robby. »Vielleicht ein kräftiges Eisbein mit Sauerkraut. Schon bei dem Gedanken läuft mir das Wasser im Munde zusammen.«

Möglicherweise ist ihm dieser Genuss ja auch schon etwas früher vergönnt, denn am 28. Oktober fliegt er auf Einladung noch einmal nach Peru zurück, um in Lima am Oktoberfest teilzunehmen. Wenngleich seine Maß auch dort statt mit Bier mit Mineralwasser gefüllt sein wird, freut er sich schon sehr darauf, wenn‘s heißt: »Ozapft is!«

Langsam schleichen sich jetzt immer öfter Gedanken ans nach Hause kommen ein, gesteht Robby. Er nimmt‘s mit einem lachenden und einem weinenden Auge: »Ja, ich freue mich auf meine Familie und Freunde, die mir in Hohenmölsen und in ganz Deutschland die Daumen drücken, dass alles so gut weiter läuft, wie bisher. Aber gleichzeitig ist es schon ein komisches Gefühl, daran zu denken, dass die Tour meines Lebens mit all den vielen geplanten und noch mehr ungeplanten Begegnungen bald nur noch Erinnerung sein wird.« Wenngleich er die Gedanken an das Finale gern noch ein bisschen von sich wegschiebt, so plant er doch längst darüber hinaus. Viele konkrete Absprachen über neue Projekte mit zahlreichen Menschen in den bisher durchlaufenen Ländern gibt es bereits. »Das machte den Abschied jedes mal leichter«, sagt Robby, »weil ich ja wusste, es ist nur ein Abschied auf Zeit.«

Und dann ist da ja auch noch »Franky«, der unbedingt mit nach Deutschland soll, um im geplanten Museum in Hohenmölsen der »King« zwischen all den anderen Reiseerinnerungen zu werden. Apropos »Franky«: Wie geht‘s ihm, Robby? Er läuft, erfahre ich, obgleich er seit seinen beiden (unverschuldeten) Crashs immer mal wieder komische Geräusche von sich gibt. »Ich hoffe, dass er bis Punta Arenas durchhält«, sagt Robby fast beschwörend. Dort soll er, wenn alles gut geht, eingeschifft und nach Hamburg gebracht werden, wo ihn Robby später abholen und am liebsten persönlich nach Hohenmölsen kutschieren will. Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, hängt letztlich davon ab, ob »Franky« eine Genehmigung bekommt, die letzten gut 400 Kilometer bis zur Auto-Rente auf eigenen Rädern zurückzulegen. Ich drück dir jedenfalls alle Daumen, »Franky«, und hoffe, dass du mich auf Deiner letzten Reise als Beifahrerin akzeptierst. Ewiger Ruhm soll dir gewiss sein! Robby jedenfalls will für mich ein gutes Wort bei dir einlegen, hat er mir versprochen.

Jetzt aber wünsche ich Robby, Ralf und »Franky« einen guten und sicheren Weg durch Chile und weiterhin jede Menge schöne Begegnungen unterwegs.

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