Wenn du denkst, es geht nicht schlimmer …
Robby und Franky sind endlich in Kolumbien angekommen, doch es war eine extrem nervenzehrende und kostspielige Odyssee
Denke nie, es könne nicht noch schlimmer kommen: Es kann! Robby kann ein Lied davon singen. Wenngleich inzwischen schon fast wieder in Dur, sogar ein Lachen ist zwischendrin zu hören. Ein bisschen sarkastisch noch, aber es geht langsam wieder aufwärts mit seiner Stimmung.
Das sah vor zwei Wochen noch ganz anders aus. Erst musste er sich durch den Behördendschungel kämpfen, von Pontius zu Pilatus laufen, um viel Geld gegen Stempel zu tauschen, damit er Franky von Panama nach Kolumbien verschiffen konnte. Wie froh war Robby, als er endlich alle Papiere zusammenhatte. Frohen Mutes setzte er sich ins Auto, um es zum Hafen zu bringen, von wo es die Reise im Container antreten sollte. Doch irgendein Träumer bremste ihn auf dem Weg dorthin aus – oder besser: Er bremste nicht und fuhr Franky ins Hinterteil. »Für einen Moment wusste ich gar nicht, wie uns geschieht. Ich hörte es nur krachen, dann flog das Gepäck umher. Als ich aus dem Auto stieg, sah ich die Bescherung: Die Heckklappe war ziemlich schlimm lädiert, lässt sich nicht mehr öffnen. Der Unfallverursacher wollte sich am liebsten gleich verkrümeln, so nach dem Motto: Alles nicht so schlimm. Aber nicht mit mir. Polizei musste ran und der Unfall aufgenommen werden. Das alles war schon ärgerlich genug, schlimmer aber war, dass ich schon das Schiff abfahren sah, ohne Franky an Bord zu wissen. Das hätte meinen gesamten Reiseplan empfindlich durcheinandergebracht.« Wenn Robby über den Schreck erzählt, merkt man ihm noch immer deutlich an, wie ihn die Sache mitgenommen hat. Aber irgendwie hat sein Schutzengel doch noch ein Flügelteilchen über ihn gehalten. Den Hafen erreichte er in letzter Minute. Immerhin! Allerdings erfuhr er da bereits die nächste Hiobsbotschaft: Im Gegensatz zum ihm, hatte es der Diplomat, der Robby die Hälfte seines Doppelcontainers zur Verschiffung angeboten hatte, nicht geschafft, für sein Fahrzeug alle Papiere rechtzeitig zusammenzubekommen. Und so wurde der lädierte Franky in eine Einzelbox verpackt – die natürlich bedeutend teurer ist, als ein Doppelcontainer. »Dennoch, ich war froh, überhaupt noch rechtzeitig im Hafen angekommen zu sein«, erzählt Robby, »denn das Schiff läuft nur einmal die Woche, immer samstags, aus. Wäre es weg gewesen, dann hätte ich ein echtes Problem bekommen.«
Froh, Franky endlich sicher in der Kiste zu wissen, machte sich Robby an diesem Tag zurück nach Panama City, von wo aus er ein paar Tage später Franky hinterherfliegen wollte, um den Ledierten in Cartagena in Kolumbien wieder »auszulösen«. Allerdings hatte er zu früh auf mentales Runterfahren gesetzt. Denn kaum zurück aus dem Hafen von Colon, bekam er eine Nachricht, dass das Schiff leider nicht auslaufen könne, weil der Schiffskran gebrochen sei und somit eine Verzögerung der Abfahrt um (mindestens) eine Woche eintrete. »Schon lange habe ich nicht mehr soviel geflucht, wie in diesen Tagen«, erinnert sich Robby.
Die nächsten Tage versuchte sich Robby so gut wie möglich abzulenken, mehr konnte er ja doch nicht tun. Er bummelte durch Panama City, schaute sich dies und das an, doch seine Gedanken kreisten unentwegt um die Überfahrt. Denn noch war Franky nicht in Kolumbien – bis dahin konnte noch viel passieren.
Endlich, in der zweiten Märzwoche kam es in Cartagena zur langersehnten »Familienzusammenführung«. Wenngleich nicht so einfach, wie wir uns das vielleicht alle vorstellten. Denn, so wie es tausend Wege, Stempel und viel Geld bedurft hatte, um Franky in Colon an Bord zu bringen, so ging es in Cartagena weiter, um ihn wieder aus dem Hafen zu holen. Doch wenigstens musste Robby diesmal den schweren Weg nicht ganz allein durchkämpfen. Er war im Hafen auf Schicksalsgenossen gestoßen – drei US-Amerikaner, einen Schweizer und einen Deutschen – die den gleichen Behördenwahnsinn vor sich hatten. Drei Tage gingen sie den schweren Weg gemeinsam, ehe alle ihre Fahrzeuge zurück hatten. »Danach waren aber Geld- und Nervenreserven restlos am Limit«, sagt Robby. »Unterm Strich habe ich das Doppelte des Kostenvoranschlages für die Überfahrt bezahlt. Jeder nimmt, was er für richtig hält. Und wahrscheinlich zahlt man nach Nase oder Sympathie, keine Ahnung. Die Beamten nahmen für gleiche Leistung von jedem was anderes. Und du kannst nichts dagegen tun. Auf meine Frage, warum die Verschiffung auf einmal doppelt so teuer sei, wie vorher besprochen, erhielt ich die lakonische Antwort, man habe eben die Preise angepasst.«
Geblieben ist zwar die Sorge, wie er die klamme Kasse irgendwie wieder auffüllt, aber wenigstens sind er und Franky wieder zusammen. Seit einigen Tagen haben beide sogar wieder einen Begleiter. Mario ist Kolumbianer und wird Franky bis an die Grenze zu Ecuador chauffieren, die Robby in gut zwei Wochen erreicht haben will.
»Dass Franky an Schönheit eingebüßt hat, könnte ich ja noch verschmerzen«, sagt er, »schlimmer ist, dass die Heckklappe nicht mehr zu bewegen ist, so dass wir alles nur noch durch die Seitentüren aus- und einladen können. Das ist schon ziemlich umständlich und hinderlich. Irgendwann will ich die Tür reparieren lassen, aber derzeit geht das schon aus finanziellen Gründen nicht.« Jetzt, da die erste Wut und die vielen Rennereien wegen der Überfahrt hinter dem Läufer liegen, will er sich auch an den Betrieb des Unfallverursachers wenden, in der (vagen) Hoffnung, dass der den Schaden bezahlt. Robby hat zwar eine obligatorische Unfallversicherung, die aber – sollte alles gut gehen – erst in zwei oder drei Jahren den Schaden regulieren würde. »Solange kann ich nicht warten!« Drücken wir Robby also die Daumen, dass er bald wieder ein bisschen Land im Portemonnaie sieht! Wer will kann ihn ja auch über seine Website www.robbyclemens.de finaziell helfen, dort gibt es einen Unterstützerbutton.
Sofern alles gut geht, werden Robby, Mario und Franky morgen oder übermorgen in Medellin eintreffen. Dort will sich Robby einen besonderen Wunsch erfüllen, und auf den Spuren des größten Drogenbosses aller Zeiten, Pablo Escobar, wandeln. »Über ihn wurden Bücher geschrieben, Filme gedreht und unendlich viele Geschichten erzählt. Nun will auch ich mir die Stätten seiner Gangstertätigkeit anschauen und mich ihm auf einer der zahlreichen Touristentouren nähern, die zu den größten Attraktionen in Medellin gehören.«
Viel Spaß dabei, Robby, und halte Deinen Schutzengel immer gut fest. Wer weiß, wann Du ihn wieder brauchst.
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