Oh, wie bürokratisch ist (auch) Panama
Vom nervenaufreibenden Kampf, ‚Franky‘ eine Schiffspassage von Panama nach Kolumbien zu beschaffen
Weder mit »Hallo« oder »Schön Dich zu hören, Heidi!« - wie sonst immer, wenn wir miteinander telefonieren - begrüßt mich Robby am Freitagnachmittag. Statt dessen höre ich ein aufgeregtes »Warte mal einen Moment, ich bin gerade auf der Polizei«. Ich höre noch kurz ein lautes Stimmengewirr – dann ist Stille im Handy. Was ist los?, geht es mir durch den Kopf. Was macht Robby auf der Polizei? Und warum ist er so aufgeregt? - Nach gefühlt endlos langen Minuten ist er wieder dran: »Entschuldige, ich bin mit ‚Franky‘ zur Inspektion. Der Gute steht hier vor mir, die Motorklappe aufgeklappt, und ich kann nur hoffen, dass alles gut geht. Weißt Du, es ist ein bisschen wie auf dem Pferdemarkt. Nur dass hier die Begutachter Uniform tragen und den Pferden nicht ins Maul, sondern den Pferdestärken ganz tief ins Innere schauen«, redet er ohne Punkt und Komma. Ich merke, wie sich die Aufregung langsam auf mich überträgt – Tausende Kilometer und mehrere Kontinente entfernt von ihm. Einmal tief Luft holen, dann stoppe ich Robby kurz in seinem Redeschwall, um herauszufinden, um was es eigentlich geht.
Also beginnen wir noch einmal von vorn: »Guten Morgen Robby, wie geht es Dir und was ist los?« »Moin, ich bin im Moment ziemlich durch den Wind, es geht um ‚Franky‘. Ich stehe hier mit ihm in Panama City auf der Polizeistation, um die Papiere zu bekommen, die ich brauche, um ihn bis Mittwoch im Hafen von Panama abgeben zu können, damit er nach Kolumbien verschifft werden kann. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, was das ganze für ein Drama ist, wie viele Stellen man durchlaufen muss, ehe man das eine entscheidende Papier in den Händen hält, das letztlich nötig ist, um ‚Franky‘ in einen Container und dann auf die Fähre zu laden. Und wie viel Geld die dafür haben wollen, ist alles andere als feierlich! ...«
Er redet und redet, ich bin schon mal erleichtert, dass nicht irgend was wirklich Schlimmes passiert ist, nichts Schlimmeres, als dass mal wieder die Bürokratie zugelangt hat, die jeden einholt, egal in welcher Ecke der Welt. »Die Behörde hier hat täglich nur von 8 bis 10 Uhr auf, ich bin für heute der Letzte in der Reihe, habe die Nummer 25 gezogen und hoffe, dass alles gut geht. Denn ohne das Papier – eines von vielen weiteren, die noch folgen – kommt ‚Franky‘ nicht mal aufs Hafengelände, geschweige denn auf das Schiff«, erzählt Robby. »Ich muss hier ein Formular ausfüllen, natürlich alles in Spanisch. Mein Spanisch ist aber nur rudimentär. Doch da muss ich mich allein durchfitzen, denn nur der Besitzer des Fahrzeuges darf auf den Polizeihof, so dass ich noch nicht mal jemanden mitnehmen konnte, der mir hilft. Ich hoffe, dass ich mit meiner elektronischen Übersetzungshilfe und etwas Glück alles richtig verstehe und ausfülle, denn ansonsten muss nicht nur noch mal von vorn anfangen, sondern auch doppelt zahlen. So ist das hier.«
Dabei habe er in gewisser Weise noch Glück gehabt, erfahre ich, denn eigentlich hatte er für »Franky« erst für den Montag einen »Vorstellungstermin« zugewiesen bekommen. Zum Glück war ein anderer abgesprungen, so dass er nachrücken konnte. Und Glück hat er auch in anderer Hinsicht. Letzten Donnerstag schickte er mir den Kostenvoranschlag für die Verschiffung des Autos im (vorgeschriebenen) Container. Eine Summe, dreimal so hoch war, wie das Fahrzeug gekostet hatte! Doch dann erhielt er von einer Bekannten einen erlösenden Anruf: Es gebe da einen Diplomaten, der sein Fahrzeug ebenfalls verschiffen will, er habe einen Doppelcontainer und suche nach einem zweiten Auto dafür. Was für ein Glück für Robby, so muss er nun »nur« noch etwa 2000 Dollar für die Überfahrt von »Franky« bezahlen. Noch besser ist, dass sich unter seinen treuen Fans in Deutschland Sponsoren dafür gefunden haben. Herzlichen Dank nach Thüringen dafür!
»Weißt du, ich wundere mich nicht mehr darüber, dass das letzte Stück Straße zwischen Panama und Kolumbien nicht gebaut wurde und der gesamte Verkehr per Fähren abgewickelt wird«, sagt Robby. »Denn die verdienen sich daran dumm und dämlich, eine ganze Industrie hat sich drumherum entwickelt. Auf beiden Seiten! Denn wenn ich in Kolumbien ankomme, beginnt der ganze bürokratische Wahnsinn von Neuem: Formulare ausfüllen, Geld zahlen, noch ein Formular, wieder Geld – und so geht es fort, ehe ich ‚Franky‘ wieder auslösen kann.«
Das alles erzählte er mir am Freitag, da war die Inspektion auf dem Polizeirevier noch nicht abgeschlossen, und weitere Behördengänge mit unsicherem Ausgang lagen an dem Tag noch vor ihm. Am Samstag postete Robby auf Facebook seine weiteren Erlebnisse. Das gebe ich hier einfach mal wörtlich so weiter, wie man es dort nachlesen kann:
»Ein ganzer Tag für ein Formular, und ich benötige noch viele Formulare, um von Panama nach Kolumbien zu kommen - oh nein! Ein ganzer Tag ging für nur ein Formular drauf, damit Franky Panama verlassen darf. Das war der Ablauf:
- vorstellen von Franky zur Polizei Inspektion
- noch plötzlich und zusätzlich benötigte Kopien anfertigen
- im Hauptquartier der Polizei sollte dann das Formular abgeholt werden, das zur Ausreise benötigt wird, leider stellte sich heraus das der Beamte an der Grenze einen Fehler auf dem Einfuhr Formular nach Panama gemacht hat. Der gesamte Einfuhr Vorgang war somit hinfällig. Ich musste zu einer Spezialabteilung (anderes Stadtgebiet) um ein neues Einfuhrformular erstellen zu lassen. Leider wusste keiner so genau, wo das ist, auch Google nicht, also durchfragen. Kein Problem, wenn man gut Spanisch spricht. Damit habe ich aber leider noch ein paar Probleme.
- Spezialabteilung gefunden, warten bis das neue Formular ausgefüllt ist, Stempel drauf und weiter geht's.
- mit dem neuen Einfuhrformular wieder zu der Stelle, wo die Polizei Inspektion am Morgen erfolgte. Die Beamten sind aber nur bis 16 Uhr da, der Stau in der Stadt wird immer größer und der Blick zur Uhr immer häufiger. Angekommen, neues Formular schnell vorlegen, zusätzlichen Zettel ausfüllen, Stempel drauf.
- nun muss ich auch noch wieder zum Hauptquartier zurück, denn nur dort gibt es das wichtige Ausfuhrformular.
- ich erreiche das Hauptquartier gegen 16:30 Uhr, die wachhabenden Beamten wollen mich nicht mehr reinlassen. Ich rede und rede, auf Deutsch, Englisch, Spanisch und mit den Armen. Irgendwie hat der Beamte doch noch ein Einsehen und lässt mich mit dem Hinweis, es ist keiner mehr da, rein.
Am Büro angekommen, verlässt die Dame gerade ihr Büro Richtung Wochenende. Nach zehn Minuten auf sie einreden, geht sie zurück in ihr Büro und füllt doch noch das Formular aus. Damit wird jetzt der weitere Vorgang zum Glück nicht unterbrochen und Franky kann am 3.3. verschifft werden. Das Bisherige war allerdings nur ein kleiner Teil der zu erledigenden Aufgaben. Die viel größeren Herausforderungen bevor Franky verschifft werden kann, warten auf mich im Hafen von Colon, denn da sind noch unendlich viele Formulare auszufüllen und eine Menge Menschen involviert. Ich bin total gespannt, ob alles gut geht.«
Robby, wir drücken Dir und ‚Franky‘ ganz fest die Daumen und hoffen, dass Du schon bald wieder das machst, was Du eigentlich tun willst: Vom Nordpol zum Südpol zu Fuß laufen. Kommt Beide gut, heil und vollständig nach Kolumbien. Letzteres gilt vor allem für Franky. Und für Dich, lieber Robby: Bleib gesund und behalte die Nerven. Denn der Weg bis ins Ziel ist noch weit! Es läuft alles bestimmt bald wieder besser!
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