CDU stellt linke Kulturzentren unter Generalverdacht

Innenminister de Maizière fordert Schließung des Leipziger Conne Island / Auch alternatives Projekt in Chemnitz in der Kritik

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach den schweren Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg mehren sich die Stimmen, bundesweit linksalternative Kulturzentren ins Visier der Behörden zu nehmen. Nachdem es in einem CSU-Papier am Dienstag bereits hieß, »quasi rechtsfreie Räume wie die Rote Flora oder die Rigaer Straße müssen konsequent geschlossen werden«, will sich die Union nun auch andere linke Einrichtungen vorknöpfen.

Nach Hamburg und Berlin spricht sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dafür aus, auch das linksalternative Zentrum Conne Island in Leipzig zu schließen. »So etwas, was es in Connewitz in Leipzig gibt, kann man nicht hinnehmen. Wenn das einmal eingerissen ist, ist das nicht so leicht wieder zu lösen«, so de Maizière. Auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) pflichtete der Forderung laut »Leipziger Volkszeitung« bei. »Es ist jetzt Aufgabe von Stadt, Polizei und Bürgern, Konzepte zu entwickeln, um konsequenter gegen diese Umtriebe vorzugehen. Dabei muss man sich überlegen, wie gewisse Bündelungen und Konzentrationen zerschlagen werden können«, forderte er. Sachsens CDU scheint mit den Ereignissen von Hamburg nun einen Anlass gefunden zu haben, gegen die linksautonome Szene im Freistaat vorzugehen. CDU-Innenpolitiker Christian Hartmann kündigt an, es dürfe nicht dazu kommen, dass die Aufarbeitung nach einer ersten Empörung »im Sande zu verlaufen droht«.

Vertreter von Grünen und Linkspartei warnten vor übereilten Aktionen, der LINKEN-Politiker Enrico Stange sprach von den »üblichen Refelexen«, die nun von Seiten der Union zu hören seien. »Dass jetzt vor allem subkulturelle Einrichtungen in Leipzig-Connewitz in den Fokus haarsträubender Schließungs- und Verbotsfantasien rücken und ein ganzer Stadtteil mit seinen Bewohnern und seiner Vielfalt unter Generalverdacht gestellt wird, dürfte eher dem Wahlkampf geschuldet sein als gründlicher Überlegung«, so Stange.

Allerdings ist der Unions-Vorstoß rund um das Conne Island in Connewitz nicht neu. Im Entwurf der Leipziger CDU zu ihren Stadtprogramm sprachen die Christdemokraten bereits Ende Juni davon, die kommunalem Mittel für Kinder- und Jugendarbeit unter anderen für das Conne Island einschränken zu wollen. Seit Jahren gibt es immer wieder seitens der Konservativen verbale Attacken gegen die Einrichtung. Im vergangenen Jahr stellte sich die Stadtverwaltung allerdings demonstrativ hinter das Zentrum, das vom Projekt Verein e.V. betreut wird. »Der Verein konzentriere sich auf Themen wie politische Bildung, Demokratievermittlung, Stadtentwicklungs- und Gentrifizierungsprozesse«, hieß es in der Antwort auf eine Ratsanfrage der CDU.

Auch das Chemnitzer AJZ wird attackiert

Längst ist Leipzig aber nicht mehr die einzige Stadt, in welcher insbesondere die CDU gegen linke Kulturzentren ins Feld zieht. Eine ähnliche Debatte wird in Chemnitz derzeit rund um das Alternative Jugendzentrum (AJZ) geführt. Der Landtagsabgeordnete und CDU-Stadtrat Alexander Dierks forderte mit Hinblick auf die Aussschreitungen am Rande des G20-Gipfels, die linke Einrichtung noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. »Träger der Jugendhilfe müssen sich klar von politischem Extremismus abgrenzen«, forderte Dierks. Konkret gehe es ihm etwa um einen antifaschistischen Jugendkongress im April dieses Jahres, der im AJZ stattfand. Zu dem Kongress waren etwa 300 junge Menschen angereist, um etwa über Anarchismus zu diskutieren oder Selbstverteidigung zu erlernen. Dierks stößt sich vor allem an der damaligen Ankündigung, dass man mit den Gästen darüber ins Gespräch komme wolle, »was wir meinen, wenn wir sagen: ’die Logistik des Kapitals lahmlegen!‘ und wie wir uns das im Sommer in Hamburg vorstellen.« »Wer öffentliches Geld bekommt, muss sich auch kritische Fragen gefallen lassen«, so Dierks.

LINKE-Stadträtin Sabine Pester kann die Aufregung der CDU indes nicht nachvollziehen. »Der Antifaschistische Jugendkongress wurde von Dritten organisiert, die sich im AJZ eingemietet haben. Wenn ein Mieter in einer Wohnung randaliert, gibt man doch auch nicht dem Vermieter die Schuld«, so Pester in einer Erklärung. Es stelle sich die Frage, was bei einer Überprüfung rauskommen soll. »Wollen wir wirklich den Jugendprojekten des Trägers AJZ die Mittel streichen, weil Dritte in einem Kongress Dinge besprochen haben, die kritisch zu betrachten sind«, fragt die LINKEN-Politikerin. Das AJZ selbst habe »zu keinem Zeitpunkt zu Gewalttaten aufgerufen«, daher sei eine Überprüfung »vollkommen überzogen«. Die CDU müsse dringend ihr Demokratieverständnis überdenken. Das AJZ sei »keineswegs eine ‘Gewaltbude’«, sondern leiste im »Rahmen der politischen Arbeit und Demokratieaufklärung« wichtige Arbeit.

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