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Den Stechern auf den Sack gehen

Kampf gegen die Tigermücke: Unfruchtbare Männchen sollen helfen

  • Lesedauer: 3 Min.

Speyer. Im Kampf gegen die Asiatische Tigermücke in Deutschland testen Wissenschaftler nun den Einsatz sterilisierter Männchen. Wenn die Weibchen mit diesen Männchen kopulierten, bekämen sie keine lebensfähigen Nachkommen, sagte der Biologe Norbert Becker in Speyer. »Die Weibchen werden schwanger, aber die haben Totgeburten.« Becker ist wissenschaftlicher Direktor der kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) und Direktor des Instituts für Dipterologie, das die Tigermücken bekämpft.

Die aus Asien stammende Stechmücke gilt als besonderes Risiko, weil sie mehr als 20 Virusarten übertragen kann, darunter gefährliche Varianten wie das Dengue-Fieber, das für geschwächte Menschen tödlich enden kann. Die Tiere, die in Italien bereits verbreitet sind, kamen in den vergangenen Jahren nach Deutschland - auf Güterzügen und Lastwagen entlang der Autobahn Basel-Frankfurt (A5). Nachweise gibt es unter anderem in Freiburg und Heidelberg, wo seit Sommer 2016 ein Versuch mit sterilisierten Männchen läuft.

In Rheinland-Pfalz und im Saarland ist den Experten noch keine Tigermücke ins Netz gegangen. Sie könne aber entlang der Autobahnen Hockenheim-Koblenz (A61) und Saarbrücken-Mannheim (A6) auftreten, sagte Becker.

Die Wissenschaftler hätten nun den Plan, den Lebensraum der Tiere - zusätzlich zur herkömmlichen Bekämpfung - mit unfruchtbaren Männchen zu »überfluten«, erklärte er. »Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, um dieses Tierchen wieder loszuwerden«, sagte der Biologe. »Und da gibt es keine halbgaren Lösungen, da gibt es nur eine massive Bekämpfung.«

Sterilisiert werden die Plagegeister in Bologna, wo sich ein Kollege Beckers mit STI (sterile insect techniqe) befasst. Dem habe man hiesige Tigermücken für die Zucht geschickt. Die Puppen der Männchen, die kleiner sind als die der Weibchen, werden mit einem Netz ausgesiebt und mit Gammastrahlen sterilisiert. Die Tiere könnten danach zwar noch mit wild lebenden Männchen konkurrieren, »aber das Sperma ist zu 99 Prozent nicht okay«, erklärte Becker.

In Käfigen mit je eintausend Männchen reisen die Tiere dann nach Deutschland. Im Heidelberger Stadtteil Wieblingen werden einmal wöchentlich abends unfruchtbare Mücken freigelassen. Gibt es nachweisbare Erfolge? »Es zeichnet sich ab, dass es effektiv ist«, sagte Becker. Belastbare Daten gebe es aber noch nicht.

Im Sommer 2016 waren acht Mal Tiere freigelassen worden. Damals habe man festgestellt, dass die Schlüpfrate um 15 Prozent gesunken sei. »Aber wir wollen noch weiter«, sagte Becker. »Bekämpfung plus Reduzierung der Schlüpfrate müsste nach unseren Berechnungen zum Zusammenbruch der Population führen.« Deswegen habe man in diesem Jahr nicht erst im August, sondern bereits im Mai mit der Aussetzung begonnen und die Zahl der sterilisierten Männchen pro Hektar von 1000 auf 3000 erhöht.

Nach Beckers Angaben ist geplant, auch in Freiburg sterile Männchen auszusetzen. Mit dieser Methode, die in Deutschland entwickelt worden sei, könne man gezielt eine Art bekämpfen. Sie sei besser als die bisherige Bekämpfung mit dem biologischen Wirkstoff Bti, den die Kabs seit langem im Kampf gegen heimische Stechmücken einsetzt. Allerdings müsse man die Kapazität für die Sterilisierung der Tiere in Italien im Blick behalten. »Die müssen ja jetzt doppelt so viele Mücken züchten und behandeln«, sagte Becker. »Ob das jetzt so ad hoc geht, wissen wir noch nicht.«

Nötig wäre es schon. Denn ein früherer Versuch hat gezeigt, dass der Einsatz von zu wenig Tieren nicht fruchtet. Becker erinnert an einen Mainzer Professor, der in den 1980er Jahren erstmals die STI-Technik im südhessischen Gebiet Kühkopf-Knoblochsaue bei Groß-Gerau gegen Rheinschnaken habe anwenden wollen. Diese Mücken legten pro Hektar aber bis zu 300 Millionen Eier ab. »Das heißt: Wenn Sie da nicht Millionen züchten und freilasssen, verpufft das.« Der Professor habe dort 30 000 Tiere ausgesetzt, wo vermutlich eine Milliarde schlüpften. »Und da hat man überhaupt nichts gemerkt.« dpa/nd

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