»Skandalurteil«: Antifaschist soll acht Monate in Haft
Demonstrant soll Polizist mit Regenschirm geschlagen haben / Bündnis »Dresden Nazifrei« zweifelt an Unvoreingenommenheit des Richters
Das Urteil kam in seiner Härte für viele überraschend: Acht Monate Haft ohne Bewährung. So lautet die Entscheidung des Dresdener Amtsgerichts, das am Dienstag den Fall eines 27-jährigen Pegida-Gegners verhandelte. Während einer Demonstration im November vergangenen Jahres soll der Mann einem Polizisten mit einem Regenschirm auf den Kopf geschlagen haben. Die Verteidigung bestritt, dass sich die Tat so ereignet hatte. Zivilgesellschaftliche Gruppen zeigten sich erschreckt von der Härte des Urteils.
Bei der Demonstration der Bündnisse »Nope DD« und »Dresden Nazifrei« am 7. November 2016 zogen ungefähr 200 Menschen durch die Dresdner Altstadt, um gegen eine zeitgleich stattfindende Veranstaltung des rassistischen Pegida-Bündnisses zu protestieren. Gegen 20.45 Uhr kam es zu einer Rangelei zwischen Polizei und Demonstrierenden, die Personalien eines jungen Mannes wurden festgestellt. Dieser musste sich jetzt vor Gericht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Dresden Nazifrei nannte den Richterspruch ein »Skandalurteil«. Unverständnis äußerte das Bündnis darüber, dass Richter Arndt Fiedler die von der Staatsanwaltschaft geforderte Haftstrafe nicht nur annahm, sondern gleich auch noch die Bewährung für den Angeklagten strich. Der Richter stellte dem Angeklagten eine negative Sozialprognose aus, obwohl dieser laut der Verteidigung nicht »einschlägig vorbestraft« war. Dresden Nazifrei spricht von einem »Gesinnungsurteil« und zog Vergleiche zum Fall Tim H. Dieser wurde 2013 zu knapp zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt, aufgrund von durch ein Megafon getätigte Aussagen. Das Urteil wurde später revidiert, Tim H. vor dem Landgericht Dresden freigesprochen.
Dresden Nazifrei prangert nun erneut »sächsische Verhältnisse« an. In der Kritik steht besonders der zuständige Richter. Dieser soll während des Prozesses die GegendemonstrantInnen wiederholt als »Störer« und die fragliche Tat als »Racheakt« bezeichnet haben. Das Bündnis Dresden Nazifrei äußerte »arge Zweifel« an seiner Unvoreingenommenheit.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung möchte Rechtsmittel einlegen. Gegenüber Radio Dresden äußerte die Anwältin des Beschuldigten Zweifel an der Darstellung von Richter und Staatsanwalt: Es wäre eine unübersichtliche Situation gewesen, es gäbe eine Rangelei und Schubserei von den Beamten, weil ein Sicherheitsabstand nicht eingehalten wurde. Ihr Mandant habe einen aufgespannten Regenschirm nach unten gezogen, um sich zu schützen. Dabei hat der Schirm den Polizisten berührt. Es handele sich allenfalls um fahrlässige Körperverletzung. Bei der polizeilichen Maßnahme, die auf den vermeintlichen Angriff folgte, erlitt der Beschuldigte Verletzungen am Auge sowie an Oberschenkel und Nase. Diese seien nicht zur Anzeige gekommen. Die Verteidigung will nun in Berufung gehen und den Fall vor dem Dresdner Landgericht neu aufrollen lassen.
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