Polens Regierung: »Werden unseren Plan umsetzen«
Präsident Duda hat drittes Gesetz unterschrieben / Ministerpräsidentin Szydlo weist Veto zu zwei Gesetzen zurück / Rechte PiS will »Druck der Straße und aus dem Ausland nicht nachgeben«
Berlin. Die polnische Rechtsregierung will auch nach dem Veto von Staatspräsident Andrzej Duda am geplanten Umbau des Justizsystems festhalten. »Wir können dem Druck der Straße und aus dem Ausland nicht nachgeben«, sagte Ministerpräsidentin Beata Szydlo am Montagabend. »Wir haben eine stabile Mehrheit. Wir werden dem Druck nicht nachgeben. Wir werden unseren Plan umsetzen.« Duda hatte zuvor sein Veto gegen zwei von drei Gesetzen eingelegt, mit denen die regierende rechtsnationale Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Justiz weitgehend unter ihre Kontrolle bringen will. Der Präsident ging damit auf Distanz zu seiner eigenen politischen Familie. Zugleich bezeichnete er eine Reform des Justizwesens als notwendig.
Szydlo sagte, das Veto des Präsidenten werde »die Reformarbeiten verlangsamen«. Die PiS sei bereit zu Diskussionen über die Details, fügte sie hinzu. »Aber diese Diskussionen können nicht dazu führen, dass die Reform zum Stillstand kommt.«
Die von beiden Parlamentskammern in Warschau beschlossenen Gesetzestexte sehen zum einen vor, dass der Oberste Gerichtshof unter Regierungskontrolle gestellt wird. Zudem sollte das von der PiS beherrschte Parlament künftig über die Besetzung des Landesrichterrats entscheiden. Dem bislang als unabhängig geltenden Rat obliegt die Besetzung der Richterposten an den ordentlichen Gerichten im Land.
Ein drittes Gesetz hat der Staatschef nach Angaben polnischer Medien bereits am Montagabend unterzeichnet. Es gibt dem Justizminister das Recht, für sechs Monate alle leitenden Richter an den gewöhnlichen Gerichten ohne Begründung zu entlassen.
Wegen der geplanten Justizreform hatte die EU-Kommission Warschau zuletzt mit Sanktionen gedroht, die bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene führen könnten. In Polen waren tausende Menschen gegen die Pläne auf die Straße gegangen und hatten Duda zum Stopp der Reform aufgefordert.
Um die Gesetze nun dennoch in ihrer jetzigen Form durchzubringen, wäre eine Drei-Fünftel-Mehrheit im Parlament notwendig, über welche die rechtsnationale PiS nicht verfügt.
Die EU-Kommission hatte Warschau zuletzt mit Sanktionen gedroht, die bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene führen könnten. Anfang 2016 hatte sie bereits ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen eingeleitet.
Der Friedensnobelpreisträger und frühere polnische Präsident Lech Walesa sagte, er sei »angenehm überrascht« von der Entscheidung Dudas. Die Bürger seien »aufgewacht«. Nun müssten die erforderlichen Schritte unternommen werden, um die amtierende Regierung »vom falschen Weg abzubringen oder zu ersetzen«.
Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, reagierte zurückhaltend. Dudas Entscheidung sei ein »Etappensieg«, aber »kein Grund zur Entwarnung«, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Änderungen an den Justizgesetzen in Polen müssten »das Prinzip der Unabhängigkeit der Justiz umfänglich gewährleisten.«
Der Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, Dietmar Nietan, begrüßte Dudas Vorgehen, weil es »die Wende zum Guten im Kampf um die Demokratie in Polen einleiten« könne. Ein Sprecher der EU-Kommission kündigte an, die jüngsten Entwicklungen in Warschau würden in Brüssel am Mittwoch besprochen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), sagte, die Europäer könnten auf die polnische Zivilgesellschaft »stolz sein«. Sie habe »schon seit Jahren mutig und entschlossen Flagge gezeigt«, sagte Roth der »Welt«. AFP/nd
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