Auf die Ohren für Tegel-Fans

Auch die Grünen starten nun eine Kampagne für die Schließung des Flughafens

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Unter dem Rollfeld liegt das Paradies«, steht auf dem pinken Aufkleber. »Tegel schließen!«, heißt es dort auch. Absender sind die Berliner Grünen. Sie läuten damit ihre Kampagne für ein »Nein« beim anstehenden Volksentscheid am 24. September über die Offenhaltung ein. Einfluss auf das Stadtbild werden vor allem die 3000 Plakate haben, mit denen die Grünen für die Schließung des Flughafens werben. »Hol dir die Stadt zurück. Und bring sie voran«, steht in Großbuchstaben vor der Silhouette des Tegeler Flughafentowers. »Ein großer Batzen unseres Berliner Bundestagswahlbudgets geht in die Tegel-Kampagne«, sagt Werner Graf, Landesvorsitzender der Ökopartei.

»Die FDP arbeitet bei dem von ihr initiierten Volksentscheid mit Emotionen, weil sie weiß, dass die Faktenlage für eine Offenhaltung Tegels nicht so günstig ist«, sagt die Co-Vorsitzende Nina Stahr bei der Vorstellung der Kampagne am Mittwoch. »Ich kann nachvollziehen, dass viele West-Berliner Tegel für einen schönen Flughafen halten«, räumt sie ein. »Aber die Gesamtlärmemissionen würden für ganz Berlin um 30 Prozent sinken, das kann man nicht einfach wegdiskutieren.«

»Wir nehmen Volksbegehren als Partei sehr ernst«, bekräftigt Werner Graf. »Aber die FDP spielt Pippi Langstrumpf. Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.« Tatsächlich formuliert der Entscheid den rechtlich unverbindlichen Wunsch, dass der Senat sich für eine Offenhaltung Tegels einsetzen solle. Auch dass die CDU auf einmal von einer geänderten Faktenlage spreche und sich gegen eine Schließung des Airports mitten in der Stadt sei, ärgert die beiden Vorsitzenden. »Das einzige, was sich geändert hat: Die CDU ist nun in der Opposition«, so Graf. »Wir werden den Volksentscheid gewinnen. Ich bin fest davon überzeugt«, gibt er sich kämpferisch.

Nach Überzeugung von Nina Stahr ist der Lärm das größte Argument für die Schließung Tegels. »Fluglärm ist kein Luxusproblem«, sagt sie. Herz-Kreislauf-Erkrankungen können eine Folge davon sein, Kinder neigen Studien zufolge zu mehr Hyperaktivität, je mehr sie dem Lärm der Düsentriebwerke ausgesetzt sind.

»Sogar in meinem Kreisverband Steglitz-Zehlendorf haben die Mitglieder Zweifel, warum der Lärmschutz in Tegel wichtiger sein sollte als am BER«, räumt sie ein. Sie baut auch schon argumentativ vor, sollte der Volksentscheid klar für eine Offenhaltung Tegels ausgehen. »Ein Minderheitenschutz ist Aufgabe der Politik«, sagt sie und meint die 300 000 Berliner, die im Lärmteppich des Flughafens leben. »Wir dürfen das Vertrauen der Menschen nicht missbrauchen, denen eine Schließung fest zugesagt wurde.«

Aber warum backt jeder Befürworter der Schließung Tegels seine eigene Kampagne? »Wir wollten eine Vielstimmigkeit, anstatt sich gemeinsam auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen«, begründet Graf. Der Umweltverband BUND konzentriere sich in seiner Argumentation auf den Lärmschutz und das Planungsrecht, die Wirtschaftsverbände wiederum sprächen vor allem über die Entwicklungsmöglichkeiten als High-Tech-Standort.

Auch SPD und LINKE fahren eigene Kampagnen, kleben aber keine Plakate. Die Sozialdemokraten haben eine ansprechend gestaltete Homepage (tegel-volksentscheid.de) geschaltet, bei der sich die Besucher unter der Rubrik »Ihre Argumente« selbst äußern können. »Wir sind ganz zufrieden mit den Zugriffszahlen«, sagt SPD-Sprecherin Birte Huizing. Ausgewählte Beiträge werden über den Twitter-Account der Landespartei wieder unters Volk gebracht. Ansonsten setzt die SPD darauf, in Diskussionen fundiert gegen eine Offenhaltung zu kontern. Die Berliner Linkspartei arbeitet noch an einem Flyer, der bei Wahlkampfveranstaltungen verteilt werden soll. Für Parteibüros wurde auch schon ein Plakat entworfen. Ansonsten konzentriert man sich auf die sozialen Netzwerke. Auch der Senat hat eine Homepage (berlin.de/tegel-schliessen) zum Thema angelegt. Bei der Gestaltung ist noch deutlich Luft nach oben. Es werde noch daran gearbeitet, heißt es.

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