Der Ferienjob soll nicht schlauchen

Wenn junge Menschen arbeiten, sind sie besonders geschützt. Anspruch auf Mindestlohn haben sie jedoch erst ab 18

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Gut, dass es den Philipp gibt! So denken drei betagte Damen in dem kleinen niedersächsischen Dorf, in dem jetzt in den Ferien der Omnibus zum nächsten Städtchen noch seltener fährt als sonst. Für autolose alte Menschen, die dort einkaufen möchten, ein Problem. Philipp, 15 Jahre jung, weiß das. Und so hat er den drei Frauen angeboten, die gewünschten Waren heranzuschaffen. Ausgestattet mit Einkaufsgeld und Einkaufszettel spannt er den Fahrradanhänger hinter seinen Drahtesel, holt und liefert das Gewünschte, freut sich über die Euros, mit denen sein Service honoriert wird.

Philipp zählt zu den rund 35 Prozent aller Schülerinnen und Schüler - es gibt rund elf Millionen in der Bundesrepublik - , die einen Teil ihrer Ferien dem Geldverdienen widmen. Möglichkeiten dazu gibt es reichlich. Junge Menschen, die sich wie Philipp mit einem bescheidenen Verdienst begnügen, finden zumeist rasch in der Nachbarschaft einen gelegentlichen Auftrag zum Rasenmähen, Hund ausführen oder Babysitten. Wer dagegen einen drei- oder gar vierstelligen Lohn anpeilt, muss bereit sein, an mehreren Ferientagen regelmäßig zu jobben.

Beispielsweise in der Gastronomie. Sie zählt zu den Branchen, die besonders häufig Schülerinnen und Schüler beschäftigen. So sind junge Leute, die auch in Stresssituationen freundlich bleiben, während der Ferien zum Kellnerieren sehr gefragt. Verlage sehen Ferienjobber ebenfalls gern, weil auch Zeitungsträger mal Urlaub machen und zum Füllen der Personallücke wetterfeste Frühaufsteher gebraucht werden. Aushilfen benötigen auch viele Fabriken, sei es zur Produktion von Eintopf in Dosen, sei es zum Verpacken von Metallteilen für die Autoindustrie. Einkaufsmärkte freuen sich über fleißige Hände beim Regalauffüllen.

Zu finden sind solche und viele andere Beschäftigungen im Internet bei der Arbeitsagentur unter dem Suchbegriff »Ferienjob« und auf Portalen wie www.schuelerjobs.de oder www.ferienjobs4you.de. Auch »Suche«-Zettel an der Pinnwand im Supermarkt oder persönliche Anfrage, etwa im Café oder beim Großbauern, der vielleicht Erntehelfer braucht, sind Wege zur Ferienarbeit.

Sie soll junge Menschen nicht schlauchen. Deshalb bestimmt das Gesetz: Kinder unter 13 Jahren dürfen gar nicht arbeiten, mit 13 und 14 Jahren sind »altersgerechte« Tätigkeiten erlaubt wie etwa Prospekte verteilen, leichte Arbeit in Landwirtschaft und Garten oder das Aufpassen auf kleine Kinder. Aber: höchstens zwei Stunden am Tag und nur mit Genehmigung der Eltern. Jugendliche von 15 bis 17 Jahren dürfen nicht länger als vier Wochen oder 20 Tage in den Ferien jobben, und zwar höchstens acht Stunden am Tag, maximal 40 Stunden pro Woche und nur zwischen 6 und 20 Uhr. Wer schon 16 ist, darf in der Gastronomie bis 22 Uhr, im Schichtbetrieb bis 23 Uhr arbeiten. Ab 18 Jahren gelten die Bestimmungen für Erwachsene, und erst ab dieser Altersgrenze haben junge Leute Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro. Eine gesetzliche Lücke, die von der DGB-Jugend vehement kritisiert wird. »Auch Ferienjobs müssen fair bezahlt werden«, sagt DGB-Bundesjugendsekretärin Manuaela Conte.

Oft fragen sich Schülerinnen und Schüler, deren Eltern Hartz IV beziehen, ob dieses Geld wegen des Aushilfsjobs gekürzt wird. Nein, das müssen sie nicht befürchten, sofern der Ferienverdienst 1200 Euro nicht übersteigt.

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