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Werft soll in Frankreich bleiben

Regierung verstaatlicht letzten großen Schiffbauer - zumindest kurzfristig

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwar hat der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire auf seiner Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag in Paris das Reizwort Verstaatlichung vermieden, aber alle im Saal verstanden, dass es darauf hinauslaufen wird. Um den Verkauf der Werft STX in der westfranzösischen Stadt Saint-Nazaire an die italienische Werftgruppe Fincantieri zu verhindern, macht die Regierung von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und erwirbt über ihre bisherige Sperrminorität von 33 Prozent hinaus auch den Rest des Kapitals von der südkoranischen Gruppe STX.

»Wir wollen den Beschäftigten garantieren, dass die außergewöhnlichen Kompetenzen der Werft für den Bau besonders großer und moderner Schiffe in Frankreich bleiben«, versichert der Wirtschaftsminister. Die Italiener wollten sich mehr als 50 Prozent des Kapitals und damit die Geschäftsführung der Werft sowie das entscheidende Wort bei der weiteren strategischen Ausrichtung sichern. Das wurde nun von der Regierung durchkreuzt unter Hinweis auf den gesetzlichen »Schutz strategisch wichtiger Bereiche der nationalen Wirtschaft«. In diesem Bereich muss jeder größere Verkauf durch die Regierung genehmigt werden. Die Genehmigungspflicht betraf seit 2005 die Rüstungsindustrie und wurde 2014 auf den Verkehrs- und Energiesektor ausgedehnt.

Die Kaufsumme von 80 Millionen Euro für STX soll die staatliche Investitionsbank CDC aufbringen. STX beschäftigt derzeit 2600 Mitarbeiter, hinzu kommen 5000 Arbeitsplätze bei Zulieferfirmen. Die Regierung will, dass diese Arbeitsplätze in Frankreich bleiben. Sowohl bei der rechten als auch bei der linken Opposition konnte man diesmal nichts Kritikwürdiges an der Entscheidung von Präsident Emmanuel Macron und seiner Regierung finden. Dagegen zielte der italienische Außenminister Angelino Alfano direkt auf den noch recht jungen Staatschef mit der Bemerkung: »Wenn man von Marktwirtschaft spricht und dann eine solche Entscheidung fällt, ist das alles andere als seriös.«

Tatsächlich hatte Macron in seinem Wahlkampf nie »ökonomischen Patriotismus« in Erwägung gezogen, doch jetzt stand für Frankreich viel auf dem Spiel. Die Werft in Saint-Nazaire ist zwar seit Jahren fast ausschließlich mit dem Bau von Kreuzfahrtschiffen befasst und die Auftragsbücher sind für weitere zehn Jahre voll, aber STX ist auch die letzte Werft im Land, wo man noch größere Kriegsschiffe bis hin zu Flugzeugträgern bauen kann.

Durch die Übernahme durch italienische Investoren, die Minister Le Maire als »problematisch« charakterisiert, hätte ein Technologietransfer zu Lasten von STX und dessen Zukunft gedroht. »Die Italiener wollen nicht nur unsere großen Docks, sondern vor allem unser modernes Know-how«, ist Betriebsrätin Nathalie Durand-Prinborgne von der Gewerkschaft Force ouvrière (FO) überzeugt. Langfristig würden so immer mehr Aufträge nach Italien abwandern und die Arbeitsplätze in Saint-Nazaire gefährden.

Die Regierung will jedoch STX nur vorübergehend behalten und möglichst bald wieder in private Hand abgeben. Darum begibt sich Minister Le Maire schon am kommenden Dienstag nach Rom, um dort über eine »ausgewogene Lösung« zu verhandeln, die eine französische Anteilsmehrheit und damit die Wahrung der nationalen Interessen garantiert. Noch am Donnerstag hatte Macron zum Telefonhörer gegriffen, um seine Entscheidung dem italienischen Premier Paolo Gentiloni zu erläutern und möglichst eine Krise zwischen beiden Ländern abzuwenden.

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