Blaupause für staatliche Rettung von Spekulanten
Vor zehn Jahren stand die Mittelstandsbank IKB vor dem Zusammenbruch - inzwischen macht sie wieder gute Geschäfte
Die IKB Deutsche Industriebank AG blickt derzeit mit Optimismus in die Zukunft. »Aufgrund der anhaltend guten globalen Konjunktur ist eine erneute leichte Verbesserung des Wachstumsausblicks für Deutschland zu erwarten«, schreiben die Analysten der Düsseldorfer Bank.
Optimismus war indes nicht immer Sache der IKB; es gab eine Zeit, in der Probleme der relativ kleinen Bank sogar eine Gefahr für die deutsche Wirtschaft darstellten. Am 30. Juli 2007 schreckte eine Ad-hoc-Meldung zu Wochenbeginn die Finanzwelt auf: »Die Krise des US-amerikanischen Hypothekenmarktes im Subprime-Bereich hat sich auf die IKB Deutsche Industriebank AG ausgewirkt«, hieß es darin. Nach kryptischen Ausführungen über ein »Conduit Rhineland Funding« und »strukturierte Portfolioinvestments« war Unglaubliches zu lesen: Die IKB hatte am Wochenende vor dem Zusammenbruch gestanden, die staatliche KfW-Bank als Hauptaktionär musste sie gegen alle Risiken abschirmen. Vorstandssprecher Stefan Ortseifen nahm seinen Hut.
Damit war die im fernen Amerika heraufziehende Finanzkrise nach Deutschland geschwappt. Und es entstand die Blaupause für ein Vorgehen, das sich ein Jahr später nach der Lehman-Pleite noch häufen sollte: Eine Bank verzockt sich mit riskanten Spekulationen, der Vorstand verschweigt den Ernst der Lage. Um die Pleite zu vermeiden, wird die Bank ad hoc mit Staatshilfe gerettet. Einen Unterschied etwa zu HRE oder Commerzbank gab es aber doch: IKB-Chef Ortseifen wurde 2010 zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe wegen Börsenkursmanipulation und zu 100 000 Euro Geldstrafe verurteilt.
Das Fehlverhalten in der IKB war aber nur eine Seite der Medaille: Auch die Deutsche Bank war involviert. Sie hatte erst einen Teil der Papiere, die sich später als Ramsch erwiesen, an die Mittelstandsbank verkauft und löste dann die Liquiditätsprobleme aus, als man der IKB im Juli 2007 eine Kreditlinie sperrte. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann rief sogar den Leiter des Finanzaufsicht BaFin, Jochen Sanio, an, um ihm mitzuteilen, dass sich die IKB in dramatischer Schieflage befinde. Übers Wochenende wurde unter Beteiligung des Bundesfinanzministeriums ein Rettungspaket in Höhe von 3,5 Milliarden Euro geschnürt, von dem die KfW 70 Prozent und die anderen Banken 30 Prozent trugen. Sanio hatte eine Kettenreaktion für den deutschen Bankenmarkt befürchtet.
»Eine IKB würden wir heute sicher abwickeln - und auch Banken, die noch um einiges größer sind«, sagt zehn Jahre später der Direktor für Bankenaufsicht bei der BaFin, Raimund Röseler. Dabei hat er die neuen Abwicklungsregeln der EU im Blick, die freilich nicht verhinderten, dass in Italien kürzlich wieder Banken mit Staatshilfe gerettet wurden.
In Deutschland erwies sich die IKB-Rettung als teures Vergnügen für den Steuerzahler - was aber auch für eine Abwicklung gegolten hätte, da die staatliche KfW ja Hauptaktionär war. Die IKB hatte traditionell eine Zwitterrolle als Privatbank mit staatlichem Auftrag - dazu gehörten die Abwicklung von Reparationszahlungen nach dem Ersten und die Vergabe von Marshallplan-Krediten nach dem Zweiten Weltkrieg. 2007 wurden rund zehn Milliarden Euro von der KfW, später auch vom Rettungsfonds SOFFIN für die Liquiditätssicherung der IKB und die Übernahme der Risiken aus Schrottpapieren aufgebracht. Die KfW verkaufte zwar rasch ihre Beteiligung an den US-Investor Lone Star; doch statt der angestrebten 800 Millionen soll der Kaufpreis nur 137 Millionen Euro betragen haben.
Seit Januar dieses Jahres ist Lone Star alleiniger Eigentümer. Das übliche Geschäftsmodell, ein angeschlagenes Unternehmen erst billig aufzukaufen, dann hart zu sanieren und weiterzuverkaufen, hat hier nicht funktioniert. Bisher fand sich kein Käufer - wohl auch, weil die IKB über Jahre am Tropf des Staates hing. Inzwischen hat sich die Lage stabilisiert: Das Institut vermeldete für das abgelaufene Geschäftsjahr den vierten Gewinn in Folge: Das Konzernergebnis betrug 26 Millionen Euro.
Untypisch für einen Finanzinvestor wie Lone Star: Gerade mit einem äußerst risikoarmen Geschäftsmodell fährt er gut. Die 1430 Mitarbeiter an sechs Standorten nur noch in Deutschland konzentrieren sich weitgehend auf mittelständische Firmenkunden. Gerade erst wurde die Leasingtochter verkauft. Die Eigenkapitalquote konnte auf hohe 11,7 Prozent erhöht werden, das Verhältnis fauler Kredite zum Gesamtbestand ist mit aktuell 1,1 Prozent so niedrig wie nie. Und so profitiert man von dem, das man selbst weiter prognostiziert: der recht guten Konjunktur.
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