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Nachfrage nach Frostversicherungen wächst

Immer mehr Obstbauern und Winzer wollen sich gegen Wetterrisiken absichern - doch das ist nicht so einfach

  • Doreen Fiedler, Koblenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Minus acht Grad zeigte das Thermometer Ende April. In den Obstplantagen standen die Apfelbäume in voller Blüte, die Kirschbäume hatten winzige Früchte gebildet, der Wein spross munter. Dann richtete der Frost fast überall in Deutschland große Schäden an. In ganzen Landstrichen erfroren junge Triebe und Blüten, fielen ab. Einige Landwirte verloren einen Großteil ihrer Ernte. Das Fatale: Die meisten waren gegen Spätfröste nicht versichert.

Im Obstbau - außer bei Erdbeeren - gibt es in Deutschland derzeit keine Möglichkeit, eine Versicherung gegen solche Spätfröste abzuschließen. »Die Prämien, die dafür gezahlt werden müssten, wären betriebswirtschaftlich nicht möglich«, sagt Norbert Schäfer vom Berufsverband Obstbau, der auch Gutachter für eine Agrarversicherung ist. Viele Landwirte investierten deswegen in Frostschutzberegnung, Heizvorrichtungen wie Paraffinkerzen oder in Helikopter und Windräder, die die kalte Luft mit wärmeren Schichten verwirbeln sollen.

Winzer hingegen können ihre Weinberge seit einigen Jahren frostversichern. Doch die Bereitschaft sei gering, sagt Heinzbert Hurtmanns, Weinbau-Experte bei der Vereinigten Hagelversicherung. Von den größeren Betrieben hätten sich etwa 70 bis 80 Prozent gegen Hagel abgesichert, aber nur »ein Bruchteil« gegen Frost. »Hagel kann existenzgefährdend sein, da er in Nullkommanichts die ganze Lese zerstört. Davor hat der Winzer Angst. Bei Frost sagen sie: Das passiert nur in den Frostlagen, das Risiko nehme ich in Kauf«, sagt er.

Doch in diesem Jahr ist es anders: Die Kälte kam so früh in der Nacht und so massiv, dass nicht nur die Tallagen, sondern auch die Rebstöcke auf den Höhen etwas abbekamen. Landwirt Rainer Porscha aus dem rheinhessischen Badenheim sagt, er habe seine 38 Hektar auf acht Gemeinden verteilt. »Trotzdem haben wir in diesem Jahr überall Ausfälle, mal mehr, mal weniger. In einem Wingert sind es 95 Prozent, woanders 55 bis 60 Prozent.« Er rechnet mit einem Schaden von 150 000 Euro. »Das kann ohne Versicherung an die Existenz gehen.«

Nach den Schock-Nächten im April sei die Nachfrage nach Spätfrostversicherungen unter Winzern »gigantisch«, sagt Versicherer Hurtmanns. »Wir werden in diesem Jahr sehr viele Neuverträge machen.« Auch Peter Buchhierl, Vorstandsvorsitzender der Münchener und Magdeburger Agrarversicherung, sieht ein gesteigertes Interesse. Ursächlich sei auch der Klimawandel: Da es im Jahr früher warm sei, trieben die Pflanzen eher aus und würden dann von den eigentlich normalen April- und Maifrösten viel stärker getroffen.

»Kalkulatorisch rechnet sich die Frostversicherung für uns nicht«, sagt Buchhierl. Um den Risikoausgleich überhaupt hinzubekommen, könnten Versicherungen gegen Frost nur als Kombi-Produkt zusammen mit Hagel abgeschlossen werden. Buchhierl fordert, die Prämien zur Ernteversicherung staatlich zu subventionieren, wie es in vielen anderen EU-Ländern üblich ist. »Deutschland hat da eine isolierte Position inne«, kritisiert er.

Eine Unterstützung der Agrarbetriebe wünscht sich auch Inge Sommergut von der Versicherungskammer Bayern. Die fehlenden staatlichen Gelder führten »zu einem deutlichen Wettbewerbsnachteil der im internationalen Wettbewerb stehenden deutschen Winzer«. Hurtmanns von der Vereinigten Hagelversicherung glaubt, dass mit Förderung aus der öffentlichen Hand sogar eine Frostversicherung für die Obstbauern möglich wäre. Andernfalls werde seine Versicherung das nicht anbieten. »Da sind wir stur.«

Nach Auswertungen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft betragen die Schäden durch Frost an landwirtschaftlichen Kulturen rund 42 Millionen Euro pro Jahr. Die Versicherer beobachten eine Zunahme von Wetterextremen. 2015 litten viele Landwirte unter einer extremen Trockenheit, 2016 unter lang anhaltenden Niederschlägen, dann 2017 unter Frost. Norbert Schäfer von der Bundesfachgruppe Obstbau sagt, einige Bauern hätten nun genug. »Gerade in der Rheinschiene gibt es Betriebe, die sagen nach den vielen Leidensjahren: Wir machen das nur noch im Nebenerwerb oder steigen peu à peu aus.« dpa/nd

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