Fahren auf dem Flickenteppich

Verkehrsminister bisher gegen die Blaue Plakette

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Diagnose ist eindeutig: An 57 Prozent der insgesamt 500 Messstationen bundesweit wurde im Jahr 2015 der Grenzwert für Stickoxidbelastung im Jahresmittel überschritten. Die Marke von 40 Milligramm je Kubikmeter wurde im Jahr 2000 eingeführt, doch die Luftqualität wurde seither nicht verbessert. Besonders betroffen sind vielbefahrene Straßen in zahlreichen Ballungsräumen.

Das Problem ist also ein kommunales, und die betroffenen Städte werden von Bund und Ländern bisher alleingelassen. Als effektivstes Mittel gilt die Einführung einer Blauen Plakette, wonach nur noch bestimmte Diesel- und Benzinfahrzeuge mit besonders niedrigem Stickoxidausstoß in die Umweltzonen der Städte fahren dürften. Auf den Verkehrsministerkonferenzen wurde schon mehrfach darüber diskutiert - letztlich entschied sich eine Mehrheit der Länder dagegen. Besonders Bundesminister Alexander Dobrindt (CSU) gilt als Gegner der Blauen Plakette. Er hält generelle Fahrverbote für rechtswidrig. Erste Urteile von Verwaltungsgerichten wie jüngst in Stuttgart weisen indes in eine andere Richtung.

Trotz der etwas wackligen Rechtsgrundlage könnten einzelne Städte die Einführung einer Blauen Plakette aber beschließen, und tatsächlich stehen einige kurz davor: Berlin, Hamburg, Leipzig/Dresden, München und Stuttgart. Doch dann würde ein Flickenteppich in Deutschland drohen: In einigen Städten gäbe es solche Fahrverbote, in anderen nicht. Besonders verwirrend für Fahrer wäre aber, dass in den Städten mit der Blauen Plakette womöglich ganz unterschiedlich geregelt wird, für welche Pkw- und Nutzfahrzeugtypen die Innenstadt gesperrt ist. Und dann könnte es derartige Fahrverbote auch ohne Einführung einer Blauen Plakette nur zu bestimmten Zeiten mit besonders hohen Schadstoffbelastungen geben. Dies ließe sich für die Behörden aber überhaupt nicht kontrollieren.

Eine bundeseinheitliche Regelung würde all diese Probleme lösen, doch bis dahin ist es ein weiter Weg: Die nächste Möglichkeit böte sich bei der Verkehrsministerkonferenz im November in Niedersachsen. Bis dahin gilt das Wort aus dem Hause Dobrindt: »Temporäre Einfahrverbote sind auf Basis der gültigen Rechtslage zulässig.« Die Verantwortung dafür haben die örtlichen Behörden. KSte

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