An der Zollbruchstelle

Ökonomisch ist die Türkei längst in die EU integriert - Beitrittsprozess hin oder her

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Wie umgehen mit der immer despotischer agierenden türkischen Regierung? Diese Frage beschäftigt die deutsche wie auch die europäische Politik seit Wochen. Eine häufig erhobene Forderung ist, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auf Eis zu legen oder zu beenden und so die Zahlung von Heranführungshilfen zu stoppen.

Zuletzt erklärte CDU-Vize Julia Klöckner gegenüber dpa, »die Gelder, die die Türkei bezieht, sind gedacht für die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit, das Gegenteil ist zurzeit in der Türkei der Fall«. Daher sollten die Heranführungshilfen eingefroren werden. Die Zahlung der EU-Gelder bei einer »weiteren Verschärfung« zu beenden, fordert auch ein Argumentationspapier der Bundesregierung, über dessen Inhalt die Agentur Reuters jüngst berichtete. Darin heißt es zudem, die EU-Kommission solle kein Mandat dafür erhalten, mit der Türkei über die Ausweitung der seit 1996 bestehenden Zollunion zu verhandeln. Kommissionschef Juncker hingegen sagte, er sei »mit sich selbst im Zwiegespräch« über die Ausweitung der Zollunion. Ein Ende der Beitrittsgespräche lehnt er ab.

Anders als die EU-Gelder ist die Zollunion mehr als ein symbolischer Druckpunkt. Sie bildet das Herzstück der europäisch-türkischen Beziehungen. Neben Warenhandel und Investitionen spielen auch Kredite Europäischer Förderbanken eine wichtige Rolle. Die Türkei ist außerhalb der EU größtes Empfängerland der Europäischen Investitionsbank. Diese kündigte Anfang der Woche an, Kreditzusagen an die Türkei zu überprüfen.

Man könnte sagen: Die AKP-Herrschaft frisst ihre Kinder. Der neoliberale Umbau unter der AKP hat ausländisches Kapital angelockt. Nun schafft das Regime Unsicherheit für Investoren - auch für 6000 deutsche Firmen, die in der Türkei auf heißen Kohlen sitzen. net Seite 2

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -