Bernie Sanders will die Einheitskrankenkasse

US-Senator bringt Gesetzentwurf für eine staatliche Gesundheitsversorgung für alle ein

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.

US-Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders, im Vorjahr wie kein Linker vor ihm im Wahlkampf erfolgreich, macht politisch weiter ernst: Jetzt kündigte der Senator an, eine Gesetzesinitiative für eine staatliche Einheitskrankenkasse (»Medicare for All«) zu starten. Sanders reagiert damit auf das jahrelange Gerangel der heute regierenden Republikaner und der im Kongress in der Minderheit befindlichen Demokraten zur Beseitigung bzw. Bewahrung der Gesundheitsreform von Trump-Vorgänger Barack Obama. Die Republikaner scheiterten jüngst erneut mit ihrem Versuch, »Obamacare«, das rund 25 Millionen bis dahin Unversicherten erstmals eine Krankenversicherung beschert, zu kippen.

Der parteiungebundene Senator will mit seinem im September einzubringenden Gesetzentwurf das Patt auflösen. Seine Initiative, für die er jetzt mit einer landesweiten Tour öffentliche Unterstützung mobilisieren will, geht sowohl über die unsozialen Reformvorstellungen der Republikaner als auch über »Obamacare« hinaus. Sanders beginnt bei dem Grundsatz, Gesundheitsversorgung sei ein Recht, kein Privileg. »Die Vereinigten Staaten müssen sich dem Rest der industrialisierten Welt anschließen und jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind eine medizinische Versorgung durch eine staatliche Einheitskrankenkasse garantieren.«

Soeben schaltete Sanders auf Facebook und Google eine Werbekampagne. Sie ermuntert Sympathisanten, »Bürger-Ko-Sponsoren« seines Plans zu werden. »Medicare for All« ist ein Programm öffentlicher Gesundheitsversorgung für alle US-Amerikaner. Dem Sender NPR sagte Sanders, der im Duell mit Hillary Clinton vergangenes Jahr 22 Vorwahlen gewonnen hatte, wenn andere entwickelte Länder weltweit ihren Bürgern eine vernünftige Versorgung böten, müssten die USA das auch schaffen. »Eigentlich ist das Ganze nicht kompliziert. Mit Medicare, einer insgesamt populären Einrichtung, sind die Amerikaner vertraut. Doch es greift erst, wenn man 65 ist. Gott hat aber nirgendwo verfügt, dass 65 Jahre das Eintrittsalter ist. Vielmehr sollte Gesundheitsversorgung für jeden in diesem Land da sein.«

Bereits in seiner Wahlkampagne hatte die Forderung nach einer staatlichen Einheitskrankenkasse nach dem Muster europäischer Staaten im Zentrum gestanden. Der jetzige Email-Vorstoß löste nach Angaben von Sanders-Sprecher Josh Miller-Lewis binnen 24 Stunden 19 000 Antworten aus und brachte Spenden von 65 000 Dollar ein. Der ermutigende Start korrespondiert mit Hinweisen, dass die öffentliche Unterstützung für ein staatliches Gesundheitssystem in den USA steigt. Laut der Juni-Umfrage des angesehenen Pew-Instituts befürworten heute 33 Prozent aller US-Bürger ein solches Versicherungsmodell, fünf Prozent mehr als im Januar und zwölf mehr als im März 2014.

Bernie Sanders und sein Team haben keine Illusionen hinsichtlich der Erfolgschancen ihrer Initiative in einem von den Republikanern kontrollierten Kongress sowie mit Trump im Weißen Haus. Gleichwohl erhofft sich der Senator mit seiner Aktion zu einem Kernthema der Gesellschaftsdebatte neuen Zulauf für die Demokraten mit Blick auf kommende Wahlen, besonders die sogenannten Zwischenwahlen für Repräsentantenhaus und Senat im nächsten Jahr. Mehrfach äußerte Sanders zuletzt, er rechne damit, dass sich »mehr Senatoren als je zuvor« seinem Gesetzentwurf anschließen werden. In einer Rundmail an Sympathisanten schrieb er, er wisse um die Schwierigkeit des Kampfes, sei aber überzeugt, dass er jetzt geführt werden müsse. »Dies wird ein überaus schwieriger und anhaltender Kampf werden, und es wird ein Kampf, der der Unterstützung von Millionen Amerikanern in jedem Bundesstaat bedarf.«

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