Schlichtweg unbefriedigend
Ulrich Ropertz über die wohnungs- und mietenpolitische Bilanz der Bundesregierung
Diese Bundesregierung ist mit Elan gestartet. Das von Bundesbauministerin Barbara Hendricks ins Leben gerufene Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen hat Ideen entwickelt, Vorschläge gemacht und wohnungspolitische Fragen wieder stärker in den Fokus gerückt. Greifbare Ergebnisse blieben aber Mangelware. Die Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung wurden auf 1,5 Milliarden Euro verdreifacht, aber es reicht immer noch nicht aus. Schlimmer noch, ab 2020 wird es keine Bundesmittel für die soziale Wohnraumförderung mehr geben. Dann liegt die Verantwortung für den Bau von Sozialmietwohnungen ausschließlich bei den Ländern. Bund und Länder haben sich zwar darauf verständigt, dass die Länder »im Gegenzug« einen höheren Körperschaftssteueranteil bekommen. Ob dieses Geld aber jemals dem sozialen Mietwohnungsbau zu Gute kommen wird, kann mit Fug und Recht bezweifelt werden.
Das Wohngeld wurde nach sechs Jahren zwar endlich wieder erhöht, die notwendigen Strukturveränderungen aber blieben aus. Das Bestellerprinzip entlastet Mieter in aller Regel von der Zahlung einer Maklerprovision. Und die Mietpreisbremsen-Regelung war gut gemeint und wichtig, sie entpuppte sich aber schnell als Rohrkrepierer. Nachbesserungen scheiterten an der starren Haltung der Union, genauso wie weitere Mietrechtsverbesserungen, die Bundesjustizminister Heiko Maas vorgeschlagen hatte. Auch auf eine steuerliche Förderung für den Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen, also mit einer vernünftigen Baukosten- und Mietpreisdeckelung, konnte sich die Bundesregierung nicht verständigen. Nach heftigem Streit verschwanden die Pläne wieder in den Schubladen der Ministerien. Sinnvolle und richtige Anträge und Vorschläge der Oppositionsparteien mögen bei der SPD auf Sympathie gestoßen sein, Mehrheiten gab es im Bundestag dafür aber nicht.
Und jetzt - am Ende der Legislaturperiode - stellen wir fest: In Deutschland fehlen eine Million Wohnungen. Die Neubauzahlen bleiben deutlich hinter dem Bedarf zurück, insbesondere im Mietwohnungsbereich. Die Sozialwohnungsbestände schrumpfen weiter, daran ändert auch die Verdoppelung neu gebauter Sozialmietwohnungen im letzten Jahr nichts. Die Wiedervermietungsmieten steigen ungebremst, längst werden auch die Mieten in bestehenden Mietverhältnissen immer teurer, und Mieterhöhungen und Modernisierungen heizen die Preisspirale zusätzlich an. Wohnungsnöte und Ängste vor steigenden Mieten sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Da fällt die Bilanz für die Wohnungs- und Mietenpolitik der Bundesregierung ernüchternd aus, sie ist schlichtweg unbefriedigend.
Die Wohnungs- und Mietenpolitik muss besser werden, wir brauchen eine Wohnungsbau- und Investitionsoffensive und gesetzliche Bestimmungen, die dafür sorgen, dass das Wohnen zur Miete auch in den Städten und Ballungszentren bezahlbar bleibt. Jährlich müssen mindestens 400 000 neue Wohnungen gebaut werden, mindestens 200 000 Mietwohnungen und davon 80 000 Sozialmietwohnungen. Tatsächlich neu gebaut wurden 2016 aber nur 278 000 Wohnungen, davon 53 000 Mietwohnungen und davon wiederum 24 550 Sozialmietwohnungen.
Daneben brauchen wir eine Verschärfung der Mietpreisbremsen-Regelung; Vorschriften, die Mieterhöhungen auf die Vergleichsmiete oder nach Modernisierungen eindämmen und begrenzen, sowie Änderungen der Bodenpolitik und des Planungsrechts. Öffentliche Grundstücke müssen schneller und preiswerter insbesondere für kommunale bzw. gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen zur Verfügung gestellt und Bodenspekulation muss verhindert werden.
Das sind die Hauptaufgaben für die Wohnungs- und Mietenpolitik in der neuen Legislaturperiode. Welche Partei hier welche Lösungsvorschläge anbietet, werden wir auf unserer Internetseite www.mieterbund.de veröffentlichen. Es lohnt aber auch heute schon ein Blick in die Bundesländer. So haben CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen in Schleswig-Holstein beschlossen, die Mietpreisbremsen-Verordnung aufzuheben. Und in Nordrhein-Westfalen haben sich CDU und FDP darauf verständigt, die Mietpreisbremsen-Verordnung, Kappungsgrenzen-Verordnung, Umwandlungs-Verordnung und Regelungen zum Verbot der Zweckentfremdung abzuschaffen. Das lässt nichts Gutes ahnen.
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