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»Wenn die das macht, kann ich das auch«

Nicola Baumann könnte die erste deutsche Astronautin werden und möchte Vorbild sein

  • Claudia Thaler, Moskau
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Internationale Raumstation (ISS), der Mond, der Mars - Nicola Baumann hat viele Ideen, wohin ihre nächste Reise gehen könnte. Eine davon könnte in einigen Jahren wahr werden. Für die Deutsche ist die ISS rund 400 Kilometer über der Erde nur noch wenige Schritte entfernt. Zur Zeit trainiert sie nahe Moskau für einen möglichen Einsatz im Jahr 2020.

Die 32-jährige Kampfpilotin aus Köln ist eine Kandidatin des Projekts »Die Astronautin«. Das Unternehmen HE Space will - privatfinanziert - die erste Deutsche für eine Kurzmission zur Raumstation schicken. Die gesamte Finanzierung ist von Crowdfunding abhängig und bei Weitem noch nicht vollständig gesichert. Rund 400 Wissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen und Pilotinnen hatten sich anfangs beworben. Letztlich siegten Baumann und die Meteorologin Insa Thiele-Eich, die Pionierarbeit leisten wollen: Bislang sind elf deutsche Männer im Weltall gewesen - aber noch noch nie eine deutsche Frau.

Ab Mitte August werden die beiden Frauen Parabelflüge, Training in der Zentrifuge und weitere Tests absolvieren: Das Programm für die potenziellen deutschen Astronautinnen in Swjosdny Gorodok, auf Deutsch »Sternenstädtchen«, nahe Moskau ist hart. Das ist in dem kleinen Vorort der russischen Hauptstadt Routine. Für Baumann ist es ein Geschenk: »Ich freue mich wie ein Kind auf Weihnachten«, sagt sie.

In dem russischen Ausbildungszentrum bereitete sich der Kosmonaut Juri Gagarin, der erste Mann im Weltraum, ebenso auf seinen Einsatz vor wie der Deutsche Alexander Gerst. Und auch die erste Frau im All, die Kosmonautin Walentina Tereschkowa, trainierte vor ihrer Mission im Jahr 1963 hier.

Danach dauerte es lange, bis Frauen wieder von Moskau aus Richtung All starteten. Bislang steckten die Russen nur vier Frauen in Raumanzüge. Der Kosmonaut Pawel Winogradow betonte noch vor wenigen Jahren: »Das Arbeiten im All ist körperlich schwere Arbeit - selbst für starke Männer.« Für Frauen sei das sicherlich noch komplizierter, sagte er.

Andere russische Raumfahrtexperten klagen über zu wenig Bewerbungen von Frauen. Winogradow, der als Kommandant auf der ISS arbeitete, nennt auch einen Grund dafür: »Es ist ein schwerer Beruf, der von einem fordert, sich für Jahre von der Familie loszureißen. Nicht jede Frau will das machen.«

Die US-Raumfahrtbehörde NASA beschloss erst in den siebziger Jahren, Frauen für die Raumfahrtausbildung zuzulassen. 1983 startete Sally Ride als erste Amerikanerin ins All, mehr als 40 weitere US-Amerikanerinnen folgten. Insgesamt wurden 60 Frauen aus unterschiedlichen Nationen ins All geschickt.

Zurzeit bricht die US-Amerikanerin Peggy Whitson, die bis vor wenigen Wochen noch Kommandantin der ISS war, viele Rekorde. Sie ist die Frau mit den meisten Außeneinsätzen insgesamt und hat bereits mehr als 550 Tage auf dem Außenposten der Menschheit verbracht. So viele wie noch kein US-Kollege vor ihr.

Für die Europäische Raumfahrtbehörde (ESA) waren weit weniger Raumfahrerinnen im Einsatz: Als bisher letzte ESA-Astronautin war 2014 die Italienerin Samantha Cristoforetti auf der ISS. Zuvor betreute 2001 Claudie Haigneré aus Frankreich zahlreiche Experimente auf der Raumstation, zudem war noch eine Britin im All.

Besonders die amerikanischen Kollegen achten seit Jahren darauf, gleich viele Männer wie Frauen in ihren Astronauten-Corps zu haben, wie Baumann sagt. »Der Push für Frauen, etwas Naturwissenschaftliches zu studieren und in der Wissenschaft zu arbeiten, ist sehr viel präsenter in den USA als bei uns.« Grundsätzlich sei es nicht schwieriger für Frauen, wenn man die gleichen Voraussetzungen mitbringe. Auch in Deutschland hätten Frauen die gleichen Chancen wie ihre männlichen Kollegen, ins All zu kommen.

In unregelmäßigen Abständen sucht die ESA nach Astronauten für die mehrmonatigen Einsätze auf der ISS, zuletzt war das 2008 der Fall. »Es hätten sich viel mehr Frauen bewerben können. Viele trauen sich nicht, da bleibt viel Potenzial ungenutzt«, sagt Baumann, die seit Jahren als Eurofighter-Pilotin bei der Bundeswehr arbeitet.

Es sei immer leichter, einen Weg zu gehen, der schon einmal von jemandem aufgezeigt wurde, so die 32-Jährige. Auch das sei ein Ziel des Projekts »Die Astronautin«. Baumann, 1,60 Meter groß und zierlich, sagt deswegen auch, man müsse kein Übermensch sein, um diese schwierige Mission zu meistern. »Junge Frauen sollen sich denken: ›Wenn die das macht, kann ich das auch‹.« dpa/nd

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