Sommers auf der Datscha
Marina Rumjanzewa
Es war meist ein einfaches Leben, ob auf eigenen, ob auf gemieteten Datschen: In den Zimmern - alte, aus den Stadtwohnungen ausgemusterte Möbel, das klassische Datscha-Chaos - aber drinnen war man ja auch kaum. Wasser war im Brunnen oder kam aus dem Hahn im Garten, irgendwo neben dem Wildrosengebüsch. Im Garten war auch das Plumpsklo, vielleicht auch eine kleine Holzdusche, mit einer Tonne auf dem Dach - gegen Abend nach einem sonnigen Tag war das Wasser darin gerade warm geworden: »Bescheiden, unbequem«, wie Nikolai Gretsch von seinem ersten Datscha-Sommer 1795 schrieb, »aber fröhlich.«
»Fröhlich« blieb auch jetzt eines der Datscha-Schlüsselworte. Für Kinder, für die die Datscha endlose Spiele und Abenteuer bedeutete - im Garten, irgendwo draußen, auf den Straßen, am Teich, am Fluss. Drei lange Monate konnte man sich außerhalb der Sichtweite der Erwachsenen herumtreiben. Es war üblich, niemand machte sich Sorgen - Datscha-Orte und -Siedlungen, wo alle alle kannten, waren eben »geschützte Räume«. Dabei sehr große Räume, mit sehr viel Freiheit.
»Auf der Datscha« - erstaunlich, wie Marina Rumjanzewa anhand dieses traditionsreichen russischen Sommerrefugiums eine kleine Kulturgeschichte gelingt. Die beginnt mit adligen Fluchten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und reicht bis heute, da sich Städter umso mehr nach Landluft sehnen (Suhrkamp, 127 S., br., 11 €).
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.