Jäger des verlorenen Platzes

Suche nach einem Ausbildungsplatz bleibt schwierig / Abitur wird immer wichtiger

  • Philip Blees
  • Lesedauer: 2 Min.

Gibt man bei der Internetsuchmaschine Google die Wörter Ausbildungsplatz und Berlin ein, werden 528 000 Ergebnisse angezeigt. Die ersten vier sind bezahlte Anzeigen. »Top Arbeitgeber. Top Jobs. Fach- & Führungskräfte. Beste Jobbörsen 2016: Gold Gewinner«, heißt es dort. Die Berufsbörse www.ausbildung.de zeigt gleich 22 533 freie Ausbildungsplätze in Berlin an. »Durchstarten zum Traumjob«, wie die Internetseite verspricht, ist jedoch für viele Bewerber auf einen Ausbildungsplatz nicht so einfach. Sucht man auf der Webseite nach handwerklichen Berufen, beispielsweise Friseur oder Tischler, werden keine freien Stellen angezeigt.

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin- Brandenburg, Doro Zinke, schätzt die Situation anders als die Berufsbörse ein: »Das Ausbildungsplatzangebot in Berlin reicht hinten und vorne nicht«, warnt sie. Es seien fast 2000 junge Leute ohne Ausbildungsplatz, so Zinke. Das liege jedoch nicht nur an den Bewerbern. »Das A und O ist ein ausreichendes Angebot guter betrieblicher Ausbildungsplätze. Leider bilden in Berlin viel zu wenige Betriebe aus«, sagt die Gewerkschaftsvorsitzende.

Azubi-Situation in Zahlen
  • Nach aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit gibt es in Berlin 6019 unbesetzte Ausbildungsplätze, denen 7912 Bewerber gegenüberstehen. Das ergibt eine Differenz von 1893 fehlenden Plätzen.
  • Nur zwölf Prozent der Unternehmen, die ausbilden könnten, tun dies auch. 36 Prozent davon können nicht alle Stellen besetzen.
  • Ungefähr 40 Prozent der Azubis, die sich über die Bundesagentur für Arbeit bewarben, fanden zuletzt keine Stelle – der Wert ist seit Jahren stabil.
  • 41 Prozent der Bewerber auf einen Ausbildungsplatz haben, laut Agentur für Arbeit, einen Realschulabschluss, gefolgt von 29,3 Prozent mit Hauptschulabschluss. 15,7 Prozent der Bewerber haben ein Abitur abgelegt. Letzterer Wert stieg im Gegensatz zum Vorjahr um zwei Prozent. phb

Dieses Problem sieht auch Christin Richter von der DGB-Jugend. »Im Endeffekt liegt das Hauptaugenmerk darauf, dass alle Betriebe ausbilden«, sagt sie zu den Maßnahmen gegen den Ausbildungsplatzmangel. Nur zwölf Prozent der Betriebe, die ausbilden könnten, würden dies auch tun. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen sollen viele Unternehmen schlechte Erfahrungen gemacht haben. »Sie finden halt keine geeigneten Bewerber«, sagt Richter. Laut einer Unternehmensumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) konnten im vergangenen Jahr 36 Prozent der Betriebe nicht alle ausgeschriebenen Ausbildungsstellen besetzen. Gleichzeitig fanden Bewerber jedoch keine Stelle.

Der Bezirksjugendsekretärin Richter ist in den letzten Jahren auch eine andere Entwicklung aufgefallen: »Immer mehr Menschen machen Abitur.« Dadurch entsteht vor allen Dingen Druck auf Schüler, die einen mittleren Schulabschluss anstreben. Sie seien in manchen Berufsfeldern oft nicht mehr ausbildungsfähig. Die Entwicklung habe auch mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun, denn eine Ausbildung an sich und ein niedrigerer Abschluss als das Abitur seien nicht mehr so hoch angesehen wie früher.

Die Agentur für Arbeit setzt sich währenddessen dafür ein, dass dieses Jahr noch jeder Bewerber einen Ausbildungsplatz bekommt. Dabei helfen Jugendberufsagenturen in den einzelnen Bezirken. Dort werden Jugendliche seit Ende 2015 beraten, wenn es um ihre berufliche Zukunft geht. Matthias Loke, Sprecher der Agentur für Arbeit, ist positiv gestimmt: »Die Vermittlung läuft, dafür ist auch noch Zeit: Der offizielle Start ins Ausbildungsjahr ist der 1. Oktober 2017.«

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