Rajoy will EU-Front gegen Terror
Nach dem Tod des Hauptattentäters von Barcelona zielen Ermittlungen auf die Hintergründe
Die gemeinsame Terrorbekämpfung soll beim zweiten Vierergipfel der führenden EU-Länder wichtigstes Thema sein. Die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Spaniens - Angela Merkel, Emmanuel Macron, Paolo Gentiloni und Mariano Rajoy - treffen sich am Montag in Frankreich zum zweiten »Versailles-Gipfel«. Im März hatten sie dort auf Einladung des damaligen Präsidenten François Hollande über das Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten gesprochen. Jetzt will der spanische Premier darauf drängen, »dass die Vorschläge zur Terrorabwehr, die Spanien in der Europäischen Union vorgelegt hat, vorangebracht werden«, hieß es aus Regierungskreisen in Madrid.
Rajoy will Fortschritte auf drei Feldern erreichen: Eine gemeinsame Polizeipolitik, die diesen Namen auch verdient. Ein Opferstatut, das die Rolle der Terroropfer würdigt und ihnen Unterstützung sichert. Und die gemeinsame Registrierung von Passagieren im grenzüberschreitenden Verkehr, die im Fall EU-Kanada vom Europäischen Gerichtshof beanstandet worden ist. Die gemeinsame Polizeiarbeit soll dazu führen, dass auch im operativen Bereich die Sicherheitskräfte der EU-Mitgliedstaaten nahtlos miteinander kooperieren können. Dazu gehöre ein »flüssiger« Informationsaustausch. Die Anschläge von Paris und Brüssel hatten gezeigt, dass die nationalen Terrorabwehren ihre Erkenntnisse international nicht abgleichen konnten. »Wenn jemand ermittelt wird, der sich radikalisiert hat, dann müssen Alarmmeldungen in alle Risikoregister der Gemeinschaft eingestellt werden«, hieß es in Madrid. Auch der Drahtzieher der Anschläge von Barcelona, der radikalisierte Imam Abdelbaki Es Satty, hatte den als Radikalenhochburg bekannten Brüsseler Vorort Vilvoorde mehrfach besucht. Informationsaustausch gab es nicht.
Mängel müssen auch im eigenen Land beseitigt werden. So wird die katalanische Regionalpolizei Mossos d’Esquadra ab September direkten Zugang zu Europol erhalten und nicht mehr nur über die spanische Nationalpolizei. Die Mossos hatten die Ermittlungen im Fall der Anschläge von Barcelona und Cambrils, mit insgesamt 15 Toten, geführt. Auch sie hatten offenbar Defizite in der Zusammenarbeit mit der Nationalpolizei. Die drängte seit Tagen, das Fahndungsfoto des flüchtigen Haupttäters von Barcelona, Younes Abouyaaquob, zur Öffentlichkeitsfahndung freizugeben. Das geschah erst am Montagmittag. Drei Stunden später kam ein Hinweis aus der Bevölkerung, Abouyaaquob wurde in einem katalanischen Dorf gestellt und erschossen.
Der zweite für Rajoy auf dem Vierergipfel wichtige Punkt ist die Stellung der Terroropfer. Dass dies für Spanien so wichtig ist, erklärt sich aus der Vergangenheit. Allein durch die Anschläge der baskischen Terrorgruppe ETA sind in Spanien in fünf Jahrzehnten 830 Menschen getötet worden. Hinzu kommen die 192 Toten der Anschläge von Madrid 2004 und jetzt, 13 Jahre später, die inzwischen 15 Toten von Barcelona und Cambrils. Die Opferverbände spielen in der spanischen Gesellschaft eine wichtige Rolle.
Die Ermittler in Spanien richten nach dem Tod des Fahrers des Amokwagens von Barcelona und dem des Drahtziehers der zwölfköpfigen Terroristengruppe, Es Satty, ihr Augenmerk auf den Hintergrund der Zelle. Es Satty war in dem Versteck in Alcanar ums Leben gekommen, als er an einer der dort lagernden 105 Butangasflaschen hantierte, die zu Bomben werden sollten. Inzwischen ist bekannt, dass er eigentlich nach Verbüßung einer vierjährigen Haftstrafe wegen Drogenhandels aus Spanien ausgewiesen werden sollte. Ein Richter aber hob 2014 das Abschiebeurteil auf.
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