Guatemalas Präsident führt Frontalangriff gegen die Justiz

UN-Korruptionsjäger sollte das Land verlassen und bleibt / Morales selbst droht Aufhebung der Immunität

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.

In Guatemala will Präsident Jimmy Morales den Leiter der UN-Kommission gegen Straflosigkeit (CICIG) loswerden. Doch Iván Velásquez hat nur seine Arbeit gemacht und herausgefunden, dass im Wahlkampffonds von Morales Gelder aus dubiosen Kanälen gelandet sind.

Für Thelma Aldana, Generalstaatsanwältin von Guatemala, ist der Fall klar. Iván Velásquez habe ihre »bedingungslose Unterstützung«, und im Umkehrschluss bedeutet das, dass sie das Vorgehen von Präsident Jimmy Morales für indiskutabel hält. Morales hatte am Freitag die Ausweisung des Leiters der UN-Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) verfügt, nachdem der gemeinsam mit der Generalsstaatsanwältin das Parlament aufgefordert hatte, die Aufhebung der Immunität des Präsidenten in die Wege zu leiten.

In Guatemala ein Paukenschlag, der das politische Establishment erschüttern könnte. Schließlich war es Jimmy Morales, der 2015 dank seines Slogans »Weder korrupt noch ein Betrüger« gewählt worden war, nachdem sein Vorgänger Otto Pérez Molina nach massiven Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. Damals wie heute gehen die Ermittlungen auf Recherchen der CICIG zurück, die seit dem Herbst 2007 in Guatemala ermittelt, um die Straflosigkeit einzudämmen.

Dazu hat ihr die Regierung das Mandat gegeben. Noch im Wahlkampf 2015 sicherte Morales dem Leiter der Kommission, jenem Iván Velásquez, jede Unterstützung zu und verlängerte das Mandat der CICIG bis 2019. Eine populistische Wahlkampfzusage wie sich im Nachhinein herausstellt, denn die CICIG ist dem im Januar 2016 vereidigten Präsidenten schon länger ein Dorn im Auge.

Bereits im September 2016 präsentierte die CICIG Indizien, dass Samuel Morales und dessen Neffe José Manuel Morales Marroquín fingierte Rechnungen eines Restaurants vorgelegt hätten. Das hat in Guatemala einige Tragweite, denn Samuel Morales ist der Bruder und José Manuel Morales Marroquín der Sohn des Präsidenten. Auch der Betreiber des Restaurants Fulanos & Mengano, Gilmar Othmar Sánchez Herrera, ist kein Unbekannter - er gilt als einer der Finanziers der Partei des Präsidenten Frente de Convergencia Nacional (FCN).

Die FCN ist eine von pensionierten Militärs gegründete erzkonservative Partei und gegen einige ihrer Gründungsmitglieder ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bürgerkrieg (1960-1996). Mit Jimmy Morales habe sich die Partei, so die Direktorin der Menschenrechtsorganisation UDEFEGUA, Claudia Samayoa, ein frisches, unverbrauchtes Gesicht zugelegt. Das hat nun die ersten tiefen Schmisse.

Morales will nun die Kommission, die der Justiz in den vergangenen zehn Jahren wieder etwas Glaubwürdigkeit verliehen hat, ihrer Führungspersönlichkeit berauben. Velásquez ist Kolumbianer, hat als einer der Obersten Richter des Landes Ermittlungen gegen zahlreiche Politiker wegen enger Kontakte zu Paramilitärs in die Wege geleitet und gilt als unerschrockener Ermittler. Gemeinsam mit der Generalstaatsanwältin Aldana hat er der Hoffnung auf Wandel neue Nahrung gegeben. Sie sorgte dafür, dass die CICIG eine Dependance in Quetzaltenango, Guatemalas zweitgrößter Stadt, aufmachen konnte.

Diese Arbeit versucht Morales nun zu torpedieren, trift aber auf Widerstand. Gesundheitsministerin Lucrecia Hernández trat neben anderen Staatsbediensteten zurück, auch einige Botschaften in Guatemala City verurteilten die Ausweisungsverfügung. Die Immunität von Morales selbst könnte das Parlament am kommenden Mittwoch aufheben.

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