Grenzschutz in Afrika
Gipfeltreffen beschließt Abwehr von Flüchtlingen
Flüchtlinge sollen in Zukunft bereits auf afrikanischem Boden daraufhin überprüft werden, ob sie in Europa Aussicht auf Asyl haben. Dies wurde auf einem »Flüchtlingsgipfel« am Montag im Pariser Elysée vereinbart, an dem die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien sowie von Niger, Tschad und Libyen teilgenommen hatten. In einer gemeinsamen Erklärung kündigten sie an, man werde demnächst in den afrikanischen Ländern gemeinsam mit den Agenturen der UNO »Schutzmissionen« durchführen. Über dieses Verfahren könnten Migranten theoretisch legal nach Europa kommen, wenn sie bestimmten Kriterien des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR entsprechen.
Wessen Asylantrag jedoch keine Aussicht auf Erfolg hat, der soll in sein Heimatland »zurückgeführt« werden. Die konkreten Bedingungen dieser Maßnahme blieben auf dem Gipfel unklar. Die Idee für eine »Rückführung« stammte von dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, von dem auch die Initiative für den Gipfel ausgegangen war. Er hatte bereits unmittelbar nach seiner Amtseinführung vorgeschlagen, für »politische Flüchtlinge« den Weg nach Europa zu zu legalisieren, gleichzeitig aber gegen Schlepper vorzugehen und »Wirtschaftsmigranten« abzuwehren. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz im Elysée hatten ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel, der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni und der spanische Regierungschef Mariano Rajoy ausdrücklich unterstützt. Die vier EU-Länder sind mehr oder weniger stark mit den aus Afrika flüchtenden Menschen konfrontiert, antworten darauf jedoch mit unterschiedlichen Strategien. Frankreich bremste eine gemeinsame Lösung am stärksten und hatte demnach eindeutig Nachholebedarf.
Indem Asylentscheidungen in Zukunft schon in Transitländern wie Niger oder Tschad fallen werden, wolle man verhindern, dass sich Menschen erst auf den »irrsinnig gefährlichen« Weg durch Libyen und über das Mittelmeer begeben, erklärte Macron auf dem Gipfel. Angela Merkel kündigte an, sie wolle die Arbeit des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Libyen unterstützen, »damit möglichst Menschen, die heute dort zum Teil unter unwürdigsten Bedingungen von Milizen festgehalten werden, eine humanitär akzeptable Zukunft haben«. Sie begrüßte, dass auf dem Treffen eine »breite Zusammenarbeit« zwischen der EU und Afrika vereinbart werden konnte.
Wie weit diese Kooperation gehen soll, ist jedoch unbekannt. Am Vorabend hatte Angela Merkel in einem »TAZ«-Interview erklärt: »Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir mit afrikanischen Ländern Kontingente vereinbaren, wonach eine bestimmte Anzahl von Menschen hier studieren und arbeiten kann.« Dabei denke sie beispielsweise an den Einsatz als Pflegekräfte. Eindeutig unterscheiden wolle sie allerdings zwischen »politischen Flüchtlingen« und »Einwanderern aus wirtschaftlichen Gründen«. Auf dem Gipfel in Paris betonte Merkel, Vorbedingung für solche eine Öffnung müsse sein, »dass die illegale Migration gestoppt wird, sonst würden wir falsche Zeichen setzen«. Die Bundeskanzlerin begrüßte weiterhin, dass die umstrittene libysche Küstenwache mit Unterstützung der EU gegen Schlepper vorgehe. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die rückläufige Zahl von Flüchtlingen, die in den vergangenen Monaten in Sizilien angekommen waren.
Während im Juni noch 23 500 Schutzsuchende in Italien registriert wurden und 530 Menschen beim Versuch der Überfahrt ertranken, erreichten im Juli 11 500 Menschen die italienische Küste, 210 starben. Bis zum 23. August kamen nur noch knapp 3000 Flüchtlinge an. Sie sehe »eine ganz klare Korrelation zwischen der Zahl der Menschen, die sich auf den Weg machen, und der Menschen, die umkommen auf diesem Weg«, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel. »Das heißt, wir haben hier auch eine humanitäre Verantwortung, diese illegalen Wege zu ordnen.«
Die europäischen Gipfelteilnehmer versprachen den afrikanischen Ländern personelle und materielle Hilfe zu, beispielsweise Technik und Waffen für Sicherheitskräfte. Nigers Präsident Mahamadou Issoufou und sein Amtskollege aus dem Tschad, der Diktator Idriss Déby, begrüßten das geplante Auswahlverfahren in den Transitländern und erklärten sich zur Mitarbeit bereit. Sie unterstrichen, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Europa für den Kampf gegen »illegale Migration und Terrorismus« sei.
Pro Asyl kritisierte die Gipfelbeschlüsse scharf und sprach von einer »Irreführung der Öffentlichkeit«. Die Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen sei in Europa »nicht in Sicht«. Zugleich wollten die EU-Spitzen das individuelle Recht auf Asyl in Europa selbst für Schutzbedürftige »unerreichbar« machen, urteilte die Flüchtlingsorganisation.
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