Größere Nähe durch Östliche Partnerschaft

EU setzt mit den Assoziierungsabkommen auf sichere Nachbarstaaten mit stabilen Verhältnissen / Widerstand gegen Korruptionsbekämpfung

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die EU kann die Korken knallen lassen: Nach den Assoziierungsabkommen mit Moldova und Georgien im Juli 2016 tritt jetzt ein solches Abkommen auch mit der Ukraine komplett in Kraft. Was unter dem Namen »Östliche Partnerschaft« 2008 ins Leben gerufen wurde, trägt also langsam Früchte. Zumindest teilweise.

Unter Hinweis auf den Kaukasus-Krieg zwischen Russland und Georgien im Sommer des Jahres 2008 griff die EU eine Idee aus Polen auf: die Absicherung der Außengrenzen nach Osten. Die Idee der Östlichen Partnerschaft bahnte sich ihren Weg. Die EU nahm sich vor, die sowjetischen Nachfolgestaaten Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldova, Ukraine und Belarus enger an die Europäische Union zu binden.

Die Idee stieß in den betroffenen Ländern auf unterschiedliche Reaktionen. Belarus bleibt bis heute ablehnend, mit Armenien und Aserbaidschan läuft die Umsetzung schleppend. Georgien und Moldova zeigten sich als gute Schüler. Die Ukraine ebenfalls, bis im November 2013 Präsident Viktor Janukowitsch eine Kehrtwende machte und sich Russland zuwandte. Was den Startschuss zum Bürgerkrieg auslöste. »Das Abkommen mit der Ukraine wurde im Winter 2013/14 auf dem Maidan regelrecht erkämpft«, sagt Rebecca Harms, Europaabgeordnete der Grünen und Vorsitzende der Straßburger Delegation in Euronest, einer Versammlung von Abgeordneten der EU und aller Länder der Östlichen Partnerschaft.

EU-Kommissionssprecherin Maja Kocijančič erläuterte »nd«: »Das Abkommen soll die Ukraine und die EU näher zusammenbringen und dazu führen, dass die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen vertieft und ausgebaut sowie gemeinsame Werte geteilt und respektiert werden.« Grundsätzlich erhoffe sich die EU durch die Östliche Partnerschaft sichere Nachbarstaaten mit stabilen Verhältnissen. Davon würden die direkten EU-Nachbarländer zunächst natürlich am meisten profitieren, gibt Kocijančič zu. Aber gerade die wirtschaftlichen Effekte sollten eigentlich in allen EU-Staaten spürbar werden: Investitionen würden sicherer, die Handelspartner zuverlässiger, der Güteraustausch einfacher.

Kiew habe im Rahmen des Abkommens ambitionierte Vorhaben umgesetzt. »Die Ukraine hat sich zusätzlich zu den Bestimmungen im wirtschaftlichem Bereich dazu verpflichtet, in 27 anderen Bereichen fast die gleichen Standards zu erreichen, die in den EU-Mitgliedsstaaten gelten«, hebt Kocijančič hervor. Dazu sei Kiew nicht verpflichtet gewesen.

»Das Abkommen mit der Ukraine hat einige große Reformen in Gang gesetzt, die zuvor viele Jahre lang nur diskutiert wurden«, meint Harms und listet auf: Reform der Polizei, Aufbau einer unabhängigen Antikorruptionsstelle mit inzwischen 700 Mitarbeitern, Transparenzregeln für Politiker und Behördenchefs, Gleichstellungsgesetze, Reform des Energiesektors, des staatlichen Fernsehens und Einstieg in die Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung. Aber natürlich sei nicht alles perfekt. »Zurzeit arbeite ich gemeinsam mit ukrainischen Kollegen und Freunden gegen neue hartnäckige Widerstände bei der Korruptionsbekämpfung durch politische Eliten und Oligarchen«, berichtet Harms. Die Schaffung eines Antikorruptionsgerichts und die Reform der Wahlgesetzgebung stünden dabei auf dem Spiel.

Auch aus EU-Sicht ist deshalb der Prozess zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine längst nicht abgeschlossen. Vielleicht auch ein Grund dafür, warum weder Harms noch Kocijančič auf die Frage, ob das Assoziierungsabkommen für die Ukraine ein Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft sein könnte, keine klare Antwort geben.

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