Der »Goldene Handschlag« lohnt sich selten

Abfindung

  • Lesedauer: 3 Min.

Einen rechtlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es nicht. »Vor allem bei Eigenbedarf glauben viele Mieter, dass ihnen der Vermieter zumindest die Umzugskosten zahlen müsste«, erklärt Stefan Schetschorke, Leiter der Rechtsabteilung des Berliner Mietervereins (BMV). Dem ist leider nicht so. Zudem kursieren häufig völlig überzogene Vorstellungen von der Höhe. Im Schnitt, so Schetschorke, geht es um Summen von 5000 bis 10 000 Euro.

Die höchste Abfindung, mit der es der Rechtsberater je zu tun hatte, waren 80 000 Euro. In diesem Fall wollte der neue Eigentümer alle Mieter loswerden, um das Haus anders zu verwerten. Am Ende blieb eine einzige Mieterin übrig. Um sie endlich zum Auszug zu bewegen, bot er schließlich 80 000 Euro.

Scheckbuch nur im »Notfall«

Solange der Vermieter eine Chance sieht, die Mieter auf anderem Wege rauszubekommen, gibt es für ihn keinen Grund, das Scheckbuch zu zücken. Gute Karten haben Mieter, die einem großen Bauprojekt finanzstarker Investoren im Wege stehen. Für viele Vermieter ist es zu zeitaufwendig, eine Kündigung durch alle Instanzen durchzuklagen. Der Berliner Mietrechtsanwalt Christoph Müller hat seinen Mandanten früher oft zur Überlegung geraten, ob sie wirklich zwei Jahre Terror und Baustelle ertragen oder ob sie nicht doch den »Goldenen Handschlag« annehmen wollen. Doch inzwischen winkt er meist ab, wenn die Richter diesen Vorschlag machen.

Abfindungspech

Auslöser war ein Fall, wo er für einen Mieter 7000 Euro Abfindung ausgehandelt hatte. Die Eigenbedarfskündigung wäre zwar früher oder später ohnehin durchgegangen, aber der Vermieter wollte sich nicht mit einem Rechtsstreit herumärgern und hat Geld geboten. »Mein Mandant hatte eine kleine Rente, war sich aber sicher, irgendwo eine Wohnung zu finden«, schildert der Rechtsanwalt. Doch als die vereinbarte Auszugsfrist nahte, hatte der Mieter trotz über 300 Bewerbungen keine neue Wohnung. Der Rentner musste aus Berlin wegziehen. Müllers Fazit: Von extremen Ausnahmefällen abgesehen rechnet sich eine Abfindung nicht für Mieter, vor allem nicht für Geringverdiener.

Das kann auch Stefan Schetschorke nur bestätigen. Der BMV-Rechtsberater empfiehlt zudem, sich beim Aushandeln der Abfindungsvereinbarung unbedingt juristischen Beistand zu holen. Dabei gilt es auch sicherzustellen, dass die Prämie wirklich fließt und man nicht über den Tisch gezogen wird. Die einzige wasserdichte Variante ist es, das Geld auf ein sogenanntes Anderkonto mit Sperrvermerk transferieren zu lassen. Selbst bei einer Insolvenz des Vermieters wäre dann die Zahlung gesichert.

Die Zahlung absichern

Doch darauf lassen sich die wenigsten Vermieter ein, auch weil das Gebühren kostet. Ansonsten sollte man vorab auf Zahlung der ersten Hälfte der Abfindungssumme bestehen. Die zweite Hälfte sollte man sich dann beispielsweise bei Rückgabe des Schlüssels aushändigen lassen.

Die Höhe der Abfindung ist immer Verhandlungssache, denn feste »Tarife« gibt es nicht. Einige Anwälte nennen als inoffiziellen Maßstab 200 Euro pro Quadratmeter. Das wären 12 000 Euro für eine 60 Quadratmeter große Wohnung - übrigens steuerfrei.

Aus: MieterMagazin 7/2017

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