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Will der Haushaltsausschuss einen AfD-Vorsitz verhindern?

Bundestagsparteien diskutieren über bisherige Privilegien für die stärkste Oppositionspartei / Pau: Keine Sonderregelungen schaffen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl deuten alle Umfragen daraufhin, dass besonders der Wettstreit um den dritten Platz spannend wird: Im am Freitag veröffentlichten ZDF-Politbarometer liegen Linkspartei (9 Prozent), Grüne (8 Prozent), FDP (9 Prozent) und AfD (9 Prozent) nahe beieinander, ihre Werte liegen allesamt innerhalb der für statistische Erhebungen üblichen Fehlertoleranz. Spannend ist vor allem die Frage: Wer wird stärkste Oppositionskraft?

Mit dieser Position sind traditionell zahlreiche Privilegien verknüpft, die Macht und Einfluss mit sich bringen. So darf ein Vertreter der stärksten Oppositionspartei traditionell als erstes auf eine Regierungserklärung im Bundestag antworten, auch der Vorsitz im wichtigen Haushaltsausschuss fällt normalerweise immer an die stärkste Nichtregierungspartei.

Dafür gibt es gewichtige Gründe: Der Haushaltsausschuss gilt als das einflussreichste Gremium im parlamentarischen Betrieb, weil an dieser Stelle nicht zuletzt die Haushaltsführung der Bundesregierung kontrolliert wird. In der nur noch wenige Wochen andauernden Legislaturperiode hat den Ausschussvorsitz Gesine Lötzsch (LINKE) inne.

Laut eines »Bild«-Berichts treibt die bisher im Bundestag vertretenden Parteien die Sorge um, dass die AfD möglicherweise stärkste Oppositionskraft werden könnte und ihr damit besagte Privilegien zufielen. Führende Mitglieder des Ausschusses sollen demnach darüber nachdenken, in diesem Fall grundsätzlich keinen AfD-Politiker als Ausschussvorsitzenden zu akzeptieren.

Öffentlich geäußert hat sich zu den Überlegungen bisher kein Vertreter des Haushaltsausschusses, aus den Reihen der Rechtsaußenpartei und ihrer Unterstützer kommen aber bereits die zu erwartenden Reaktionen. So twitterte die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach: »Und mokiert man sich über Ungarn und Polen… .« Offensichtlich eine Anspielung auf den umstrittenen Umgang der Regierungen Viktor Orbáns und Beata Szydło mit der polnischen beziehungsweise ungarischen Opposition, die auch hierzulande viel Kritik hervorruft.

Tatsächlich tun sich die bisher im Bundestag vertretenden Parteien mit dem zu erwartenden Einzug der AfD ins Hohe Haus sichtlich schwer. Erste Änderungen der parlamentarischen Spielregeln hat es bereits gegeben. Erst im Juni hatte der Bundestag seine Geschäftsordnung so geändert, dass der Alterspräsident des Parlaments nicht mehr nach Lebensjahren, sondern nach Dienstjahren bestimmt wird. Mehr als offensichtlich zielte die Initiative des scheidenden Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) darauf ab, einen möglichen Alterspräsidenten aus den Reihen der AfD zu verhindern.

Nach der alten Regelung wäre vorraussichtlich dem Rechtsaußenvertreter Wilhelm von Gottberg diese Position zugefallen. Der 77-Jährige kandidert auf dem vierten Platz der niedersächischen AfD-Landesliste und hätte im Fall eines Parlamentseinzugs die Eröffnungsrede in der neuen Legislaturperiode halten dürfen – dies ist die einzig wichtige Aufgabe des Alterspräsidenten. Aufgrund von Äußerungen zum Holocaust gilt Gottberg aber als äußerst umstritten.

In der LINKEN fiel die damalige Regeländerung auf Ablehnung. Linksfraktionschefin und Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht bezeichnete einen möglichen Alterspräsidenten Gottberg zwar ebenfalls als »gruslig«, sagte aber dennoch: »Trotzdem sollte der Bundestag der AfD nicht den Gefallen tun, seine Geschäftsordnung an deren Personal auszurichten.«

Auch die LINKEN-Politikerin und derzeitige Vizepräsidentin des Bundestags, Petra Pau, sprach sich am Freitag im »nd«-Interview gegen mögliche Sonderreglungen aus: »Wenn es eine AfD-Gruppierung im Bundestag geben sollte, plädiere ich dafür, keine Sonderregelungen zu schaffen, sondern sie tatsächlich argumentativ und mit ihren eigenen Vorhaben zu stellen.«

Auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hatte das Vorhaben kritisiert, den Alterspräsidenten statt nach Lebensjahren nach Dienstjahren zu bestimmen. Er habe ein »mulmiges Gefühl, wenn man das jetzt macht«, sagte er damals im Deutschlandfunk. Es sei grundsätzlich nicht richtig, in den Abläufen des Bundestages etwas zu ändern, weil mit dem Einzug einer bestimmten Partei wie der AfD zu rechnen sei.

Wie groß der Einfluss der Rechtenaußenpartei im neuen Bundestag wird, hängt auch maßgeblich vom konkreten Wahlergebnis ab. Laut Berechnungen der Amadeu-Antonio-Stiftung würden der AfD bereits bei einem Ergebnis von etwa acht Prozent die Vorsitze in vier Ausschüssen zufallen.

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