Kuba wappnet sich für Hurrikan »Irma«
Im westlichen Havanna herrscht Gelassenheit, im Osten evakuiert der Zivilschutz präventiv
Alejandro Hernández hat beschlossen, das Dach seines Hauses in Havanna zu entrümpeln: Ziegelsteine, Holzlatten und andere Dinge, die sich dort angesammelt haben. »Nicht, dass uns das am Wochenende alles um die Ohren fliegt«, sagt der Handwerker.
Mit erstaunlicher Gelassenheit bereitet sich Kubas Hauptstadt auf den Hurrikan »Irma« vor, der für diesen Samstagvormittag (Ortszeit) erwartet wird. Immerhin ist »Irma« der heftigste jemals im Atlantik registrierte Hurrikan mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 km/h. Im »Schneckentempo« von 26 km/h und mit einem Durchmesser von rund 400 km schiebt sich der Supersturm der Kategorie 5 auf der Saffir-Simpson-Skala von Westen kommend quer durch die Karibik.
»Wir müssen vorbereitet und wachsam sein«, so Ramón Pardo Guerra, der für den kubanischen Zivilschutz zuständige General. Gerade im Osten des Landes sind die Erinnerungen an vorangegangene Wirbelstürme noch frisch. Seit Anfang der Woche befinden sich die Provinzen Guantánamo, Santiago de Cuba, Granma, Holguín, Las Tunas, Camagüey, Ciego de Ávila und Villa Clara in Alarmbereitschaft. Das heißt, alle Behörden dieser Landesteile sind mobilisiert, um die Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung zu garantieren. Am Mittwoch wurde dann die Hurrikanwarnung ausgerufen.
Erwartet wurde, dass »Irma« Kubas Osten am Freitagmorgen (Ortszeit) erreicht, aber nicht auf Land trifft, sondern die kubanische Nordküste entlangzieht, um in Höhe von Villa Clara nach Norden Richtung Florida abzudriften; Havanna würde also weitestgehend verschont. In vielen Regionen muss mit starken Winden, heftigen Regenfällen und Überschwemmungen der Küstenstreifen aufgrund von fünf bis neun Meter hohen Wellen gerechnet werden.
Das kubanische Wirtschaftsministerium hat Mittel mobilisiert, um die Gesundheitseinrichtungen zu schützen sowie landwirtschaftliche Gerätschaften und die Ernten zu sichern. Kommunikationsverbindungen werden gesichert, Evakuierungszentren vorbereitet, Trinkwasser und Lebensmittel bereit gestellt, Regenabflüsse und Abwasserkanäle freigemacht, gefährliche Bäume auf Hauptstraßen beschnitten, Solarparks gesichert, Dächer, Leuchttafeln, Ampeln und Verglasungen geschützt; Schulen und Universitäten setzen in den nächsten Tagen ihren Unterricht aus. Der Zugverkehr auf der Insel wurde ab Donnerstag bis auf Weiteres eingestellt.
Von Guantánamo bis Camagüey wurden in den Küstenregionen Menschen evakuiert; Bauminister René Mesa Villafaña informierte über die Verlegung von Brigaden, die sofort eventuelle Schäden beheben sollen. Laut Tourismusministerium wurden Maßnahmen ergriffen, um die Unversehrtheit der 48 000 Touristen an Kubas Nordküste sicherzustellen und die Hotelanlagen zu schützen.
Kubas Hurrikanschutz und Vorwarnsystem gelten als beispielhaft. Im Fall eines Hurrikans übernehmen die uniformierten Chefs des Zivilschutzes (Defensa Civil) das Kommando über ihr jeweiliges »Territorium«, das heißt, die Fahrzeuge der Staatsbetriebe, öffentliche Busse, Unterkünfte, medizinisches Personal, Lebensmittel werden ihrer Verfügungsgewalt unterstellt. Nur so lassen sich die Evakuierungen in der Größenordnung von mehr als einer Million Menschen relativ reibungslos bewerkstelligen. Angesichts der Hurrikans gibt es eine sonst in Kuba selten gesehene Effektivität.
Drei Wirbelstürme gleichzeitig sorgen derzeit in der Karibik für Unbehagen. Im südlichen Golf von Mexiko formiert sich der Tropensturm »Katia« und bedroht die mexikanische Küste, und im Atlantik folgt auf »Irma« »José«, der wie seine zerstörerische Schwester ebenfalls die Kleinen Antillen heimsuchen könnte. Für Kuba aber sollten beide keine Gefahr darstellen und »Irma« könnte glimpflich verlaufen. Doch die Hurrikansaison hat gerade erst begonnen.
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