Schweden führt NATO-Großmanöver an
Am Montag beginnt die für das Land größte Militärübung seit Ende des Zweiten Weltkrieges
Das Motto »die Ostsee - ein Meer des Friedens« wird immer mehr zu einem frommen Wunsch. Die wachsende Konfrontation zwischen der westlichen Militärallianz NATO und Russland im Ostseeraum wird in den Ländern Nordeuropas intensiv beobachtet. Die Zuspitzung der internationalen Beziehungen nach dem Anschluss der Krim an Russland im März 2014 war Auftakt einer Intensivierung der militärischen Machtdemonstrationen gegenüber Russland.
So beschloss die NATO-Ratstagung von Wales im September 2014 nicht nur das Ziel einer Erhöhung der Rüstungsausgaben aller Mitgliedsstaaten auf zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes. Ebenso wurde die Stationierung von Truppen in Polen und den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie die entsprechende Vorauslagerung von Kriegsmaterial in diesen Ländern angekündigt.
Eine Besonderheit dieser NATO-Ratstagung war die Teilnahme Schwedens und Finnlands, die sich formell immer noch als militärbündnisfreie Staaten bezeichnen. Ihre Verteidigungsminister haben jedoch die dortigen Beschlüsse auch für die eigenen Länder weitgehend als verpflichtend akzeptiert. Eine Verpflichtung, die sowohl Schweden als auch Finnland gegenüber der NATO damit eingegangen sind, ist das Gastlandabkommen (Host Nation Support Treaty), das den NATO-Staaten weitestgehenden Zugang einräumt. Zudem ermöglicht das Abkommen die maximale Nutzung von Territorium, Hoheitsraum und militärischer Infrastruktur in Krisen- und Kriegszeiten nach entsprechender Zustimmung der beiden militärisch ursprünglich neutralen nordischen »Gastgeber«-Länder.
Diese Verpflichtung wird - nach vielen mit der NATO bereits abgehaltenen gemeinsamen Militärmanövern an der Nordkalotte Europas - nun vom 11. bis zum 29. September unter maßgeblich schwedischer Führung eingelöst. Es ist das für das Land größte Militärmanöver seit dem Zweiten Weltkrieg. 19 000 schwedische Soldaten werden mit Truppen aus Finnland, den USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Dänemark, Norwegen und Estland für die Abwehr einer »Aggression aus dem Umfeld Schwedens« - wie es offiziell heißt - trainiert.
Über den eigentlichen Adressaten des Militärmanövers bestehen indes kaum Zweifel: Auf der Insel Gotland werden 2400 Soldaten - darunter 1500 US-Fallschirmjäger mit entsprechenden Angriffshubschraubern - stationiert. Auf der Insel Öland stationieren die US-Streitkräfte »die modernsten U-Bootjagdflugzeuge und größten Panzer der Welt« um »für den Fall eines bewaffneten Angriffs aus dem Osten während des Großmanövers Aurora« bereit zu stehen, wie die Tageszeitung »Svenska Dagbladet« schreibt.
Die schwedische Ostküste bildet in der Tat das Schwerpunktgebiet der Übungen. Offizieller Grund für die ungewöhnlich großen Manöveraktivitäten Schwedens ist neben einer vermeintlich gestiegenen allgemeinen Aggressivität Russlands das ebenfalls für September vorgesehene gemeinsame Manöver Russlands und Weißrusslands mit dem Namen »Zapad 17«.
Die Einladungen an die Militäratttachés der NATO und anderer westlicher Staaten, die zur Beobachtung dieser Übungen ausgesprochen wurden, blieben bisher unbeantwortet. Ebenso wie eine Initiative Russlands und Finnlands von 2016. Sie betrifft das Problem der - die Zivilluftfahrt gefährdenden - uneingeschalteten Transponder sowohl der russischen als auch der NATO-Kampfflugzeuge über der Ostsee.
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