Hurrikan »Irma« wütet in Florida

Mehrere Millionen Menschen bringen sich vor dem Sturm in Sicherheit / Schwere Schäden auf Kuba / Provinz Villa Clara hart getroffen

  • Lesedauer: 5 Min.

Miami. Mit gewaltiger Zerstörungskraft hat Hurrikan »Irma« am Sonntag die Südspitze Floridas erreicht. Der Tropensturm der zweithöchsten Kategorie 4 drohte schwere Schäden anzurichten und weitreichende Überflutungen mit sich zu bringen. Noch bevor »Irmas« Auge gegen neun Uhr Ortszeit die Inselkette Florida Keys erreichte, hatten die Menschen des Bundesstaates schon mit den Folgen des extremen Wetters zu kämpfen. In mehr als 250.000 Haushalten in verschiedenen Teilen Floridas fiel der Strom aus. Experten schätzten, dass mehr als eine Million Menschen ohne Strom sein könnten, wenn der Hurrikan Florida durchquert hat. Wie der Sender ABC in Florida meldete, starben am Sonntagmorgen (Ortszeit) drei Menschen bei vom Wetter mitverursachten Verkehrsunfällen.

Bei seinem Zug durch die Karibik hatte der Sturm in den vergangenen Tagen nach inoffiziellen Schätzungen mehr als 20 Menschen das Leben gekostet, einige Gebiete gelten als unbewohnbar. Schwere Schäden gab es unter anderem auf den Inseln Barbuda, Saint-Martin, Saint-Bartélémy sowie den Jungferninseln.

Nach jüngsten Prognosen sollte der Hurrikan etwas weiter westlich vor der Küste Floridas nordwärts ziehen als zunächst erwartet worden war. Meteorologen erklärten, dass das für die Küstenbewohner eine schlechte Nachricht sei, denn der Sturm schaufele so mehr Wasser auf die Westküste. Es werde dort in einer größeren Welle anlanden, wenn das Auge des Hurrikans durchgezogen sei. Von Fort Myers bis hoch nach Tampa bereiteten sich die verbliebenen Menschen auf das Schlimmste und bis zu 4,5 Meter hohe Sturmfluten vor.

Weil »Irma« so groß ist, werden auch auf der Ostseite Floridas schwere Schäden und Überflutungen erwartet. Für Miami und andere Gebiete auf dieser Seite gab es trotz des weiter westlich gelegenen Kerns des Sturms keinerlei Entwarnung. Fernsehbilder aus Miami zeigten Reporter, die sich im Wind kaum auf den Beinen halten konnten.

Mehr als 6,5 Millionen Menschen waren aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen und sich vor dem Sturm in Sicherheit zu bringen. Das entspricht rund 30 Prozent der Bevölkerung des Bundesstaates. Mehr als 120 000 Menschen harrten seit der Nacht zu Sonntag in Notunterkünften aus.

Gouverneur Scott mobilisierte 7000 Mitglieder der Nationalgarde. Florida sei insgesamt gut auf den Hurrikan vorbereitet, sagte er. Man dürfe den Sturm jedoch auf keinen Fall unterschätzen. Scott rief alle Menschen in den Evakuierungszonen erneut eindringlich dazu auf, sich in Schutzräume zu begeben.

An der Westküste könnte die Situation vor allem in der Tampa Bay Area kritisch werden. Sie liegt in einer Bucht des Golfs von Mexiko. In der Region münden mehrere Flüsse ins Meer, das macht sie noch anfälliger für Überschwemmungen. Experten gehen davon aus, dass die Stadt und die umliegenden Bezirke schlecht gerüstet sind für einen Hurrikan.

Auch in den benachbarten Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen. Für einige Gebiete im Süden von Georgia galten Hurrikan-Warnungen. In Alabama mobilisierte Gouverneur Kay Ivey vorsorglich die Nationalgarde. »Irma« soll bis zum Wochenbeginn als tropischer Sturm sintflutartigen Regen mindestens bis nach Alabama und Georgia bringen.

»Irma« könnte nach seinem Vorgänger »Harvey« auch die Spritpreise weiter nach oben treiben und die Wirtschaft im US-Bundesstaat Florida schwer treffen. Dies schätzen Experten des internationalen Analyse- und Beratungsunternehmens Capital Economics. Selbst wenn »Irma« wohl nicht ins ölreiche Texas zieht, sondern am Wochenende weiter östlich auf Land trifft, dürfte der Effekt auf die Ölpreise merklich sein, warnten die Analysten: »Da bis zu zehn Prozent der Kapazitäten in den Raffinerien am Golf noch außer Betrieb sind, wird ›Irma‹ mehr Aufwärtsdruck auf die Benzinpreise ausüben.«

In Texas hatten die enormen Windstärken und Regenmassen von Hurrikan »Harvey« kürzlich Chaos angerichtet. In der dortigen Ölindustrie wurden viele Förder- und Logistikanlagen beschädigt oder mussten ihren Betrieb unterbrechen, im Golf von Mexiko waren Raffinerien zu Stilllegungen gezwungen. Die Lage entspannte sich danach ein wenig, die Benzinpreise fielen wieder leicht. Durch die Ankunft von »Irma« könnten Ölprodukte nun wegen der insgesamt verringerten Produktion aber wieder teurer werden, der Sturm wird am Markt genau beobachtet. Am Freitag hatten auch die Rohölpreise zunächst weiter zugelegt.

Am Samstag traf »Irma« in Kuba auf Land. Die Parteizeitung »Granma« meldete schwere Sachschäden, Stromausfälle und Überschwemmungen in Küstengebieten. Wellen erreichten eine Höhe von neun Metern oder mehr. Sturmfluten spülten Meerwasser 500 Meter landeinwärts, berichtete der staatliche Wetterdienst. Angaben über Opfer lagen zunächst nicht vor. 1,5 Millionen Menschen waren vorsorglich in Sicherheit gebracht worden.

Boliviens Staatspräsident Evo Morales machte das kapitalistische Wirtschaftsmodell für die verheerenden Hurrikane in der Region verantwortlich. »Die Zerstörung durch die Hurrikane wird verursacht durch die Luftverschmutzungen des Kapitalismus«, schrieb der sozialistische Präsident am Samstag im Kurznachritendienst Twitter. Es sei dringend notwendig, zum Klimaabkommen von Paris zurückzukehren, sagte er mit Blick auf den Ausstieg der USA. Mit dem Abkommen soll der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen verringert werden, um eine unkontrollierbare Erderwärmung zu verhindern.

Unterdessen zog Hurrikan »José« an den französischen Antillen-Inseln Saint-Martin und Saint-Barthélemy vorbei. Auf den beiden von »Irma« verwüsteten Inseln war die höchste Alarmstufe ausgerufen worden. In Mexiko kamen zwei Menschen durch Wirbelsturm »Katia« ums Leben. »Katia« war als Hurrikan auf die mexikanische Atlantikküste getroffen, später aber zum Tropensturm herabgestuft worden. Agenturen/nd

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