Im globalen Dorf
Jürgen Amendt über die Schattenseiten der akademischen Internationalisierung
Deutschland zieht Studenten aus vielen Ländern dieser Welt an. 2017 studierten hier so viele junge Menschen aus anderen Teilen der Erde wie nie zu vor. Auch Forscher und Hochschullehrende zieht es immer häufiger hierher. Kulturell und wirtschaftlich ist das ein Gewinn für Deutschland.
Diese positive Nachricht hat viel mit der Internationalisierung des Studiums im Zuge der Bologna-Reform zu tun. 1999 beschlossen die europäischen Bildungsminister, die Studiengänge und -abschlüsse innerhalb Europas einander anzugleichen. In Deutschland machte sich das zunächst durch die Einführung eines zweistufigen, berufsqualifizierenden Systems aus Bachelor und Master bemerkbar. Die Reform war umstritten; Studentenvertreter und Professoren befürchteten gleichermaßen eine Entwertung des Hochschulstudiums.
Die akademische Bildung hat durch den Bologna-Prozess in der Tat an Stellenwert eingebüßt; man sollte heute eher von akademischer Ausbildung denn von Studium sprechen. Das zeigt sich auch in der Statistik: Die Zahl der an deutschen Hochschulen eingeschriebenen »Azubis« lag 2013 erstmals über der der Lehrlinge des dualen Berufsbildungssystems.
Es liegt auf der Hand, dass dies nicht ohne Wirkung auf den Lehrbetrieb bleiben konnte. Die Prekarisierung in diesem Bereich hat viele Gründe; die Unterfinanzierung des Hochschulsystems ist nur einer davon. An den Hochschulen wirken die gleichen Marktgesetze wie anderswo: Wenn das Angebot an Arbeitskräften groß ist und die Konkurrenz unter ihnen aufgrund knapper Stellenangebote steigt, sinkt der Tauschwert der Ware Arbeitskraft. Diese Ökonomisierung hat der Bologna-Prozess nicht verursacht, dieser war vielmehr Ausdruck der Globalisierung. Die Internationalisierung der Hochschulen in Deutschland hat also auch ihre Schattenseiten. Das eine war ohne das andere nicht möglich.
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