Recep Baba und die 150 Unternehmer

Türkische Konzerne wollen massiv in Serbien investieren / Erdogan versucht, Einfluss auf Balkan auszuweiten

  • Elke Windisch, Dubrovnik
  • Lesedauer: 3 Min.

Baba ist türkisch und heißt Vater. Auch Anhänger Erdogans nennen den türkischen Präsidenten respektvoll Recep Baba. Ende September wird er mit über 150 Unternehmern im Tross zum Staatsbesuch in Serbien aufschlagen. Dabei soll es vor allem um das heftig umstrittene Turkstreamprojekt gehen: Eine Pipeline, die Russland über den Boden des Schwarzen Meeres verlegt, um Südosteuropa unter Umgehung der Ukraine stabil mit Gas zu versorgen.

Einer der Stränge soll durch Serbien gehen. Dass Griechenland als Transitland inzwischen wankt und in Mazedonien eine pro-westliche Regierung die Macht übernahm, ficht weder den Gast an noch den Gastgeber: Serbiens Präsident Aleksandar Vucic. Alles deutet darauf hin, dass Bulgarien einspringt: wegen der Durchleitungsgebühren und wegen der Arbeitsplätze, die dadurch im ärmsten EU-Staat entstehen würden.

Massiv wollen türkische Konzerne auch in die serbische Textilindustrie investieren und bei der Privatisierung der noch aus sozialistischen Zeiten stammenden und seither nicht renovierten Hotels in den Gebirgskurorten zuschlagen. Türkische Baufirmen haben auf dem gesamten Balkan einen guten Ruf. Sie bauen günstig, gut und termingerecht.

Details hatten die beiden Staatschefs im Juli am Rande des internationalen Erdöl-Kongresses in Istanbul bei einem Vier-Augen-Gespräch vereinbart. Dabei hatte Vucic seinen eigenen Worten nach Erdogan gebeten, genügend Zeit mitzubringen, um das gesamte Spektrum politischer, wirtschaftlicher und kultureller Beziehungen zu erörtern. Serbien und das serbische Volk, so Vucic, wollen mit der Türkei eine »echte Freundschaft« aufbauen. Ankara sei der »wichtigste Faktor für Frieden« auf dem Westbalkan.

Vucic spielte damit auf die Entwicklungen in Mazedonien und vor allem in Bosnien an, wo Abspaltungen der Minderheiten drohen. Zwar setzt Erdogan auf Unterstützung ethnischer Türken und anderer Muslime auf dem Balkan. Gleichzeitig macht er jedoch deutlich, dass die Türkei hinter dem Abkommen von Dayton steht, das 1995 den Bosnienkrieg beendete. Der Fortbestand eines Gesamtstaates in seinen derzeitigen Grenzen sei nicht verhandelbar, die muslimischen Bosniaken, die nur knapp 50 Prozent der Gesamtbevölkerung stellen, müssten daher mit den Christen - Serben und Kroaten - Kompromisse aushandeln.

Die Türkei, glaubt der Nahostexperte Zijad Becirovic aus Ljubljana, wolle die unter Erdogan errungene wirtschaftliche und militärische Stärke nun in politische Macht umwandeln. Vor allem in Regionen, die einst Teil des Osmanischen Reiches waren: der Nahe Osten und der Balkan. Serbien als größtes und bevölkerungsreichstes Spaltprodukt Jugoslawiens spiele dabei eine Schlüsselrolle.

In der Tat: Belgrad hat die bosnische Serbenrepublik fest im Griff und übt nach wie vor nicht nur auf die Serben im Kosovo, sondern auch auf die Opposition in Montenegro und Mazedonien großen Einfluss aus. Dazu kommt eine multipolare Außenpolitik. Europa ist für Serbien trotz aller Sonntagsreden von Vucic nur einer der möglichen Optionsscheine für die Zukunft. Für Erdogan ist der Konflikt mit Europa ein Grund mehr, die Türkei erneut als regionale Großmacht auf dem Balkan zu etablieren. Und damit den EU-Beitritt der Westbalkan-Staaten so lange als möglich zu verhindern.

Das will auch Moskau, das den Balkan ebenfalls als angestammtes Interessengebiet betrachtet und mit Europa im Clinch liegt wie Erdogan. Auch deshalb sind die russisch-türkischen Beziehungen zurzeit so gut wie selten. Zurzeit. Wann die alten Rivalitäten auf dem Balkan wieder aufbrechen, hat auch Europa in der Hand.

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