Junge Union entdeckt die roten Linien

Ziemiak fordert von der CDU/CSU ein »konservatives Profil« / JU-Chef plädiert für eine verschärfte Migrationspolitik

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, hat für seine Partei rote Linien für Koalitionsverhandlungen mit FDP und Grünen gefordert. »Die Union muss ihr konservatives Profil schärfen und den Menschen ein Signal geben, dass wir verstanden haben und uns um ihre Sorgen kümmern werden«, sagte Ziemiak der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Besonders in der Migrationspolitik müsse die Union harte Bedingungen gegenüber FDP und Grünen stellen.

»Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das klar zwischen Flucht, Asyl und Migration unterscheidet«, verlangte Ziemiak, der seit 2014 Vorsitzender der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU ist. Dazu gehöre eine konsequente Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen und Straftätern. Die Junge Union (JU) fordere zudem Investitionen in Bildung und Familien sowie das Vorantreiben der Digitalisierung.

In der Union wird nach den schweren Verlusten bei der Bundestagswahl über die Verantwortung von Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel und die richtige Aufstellung für die Koalitionsgespräche diskutiert. Am Samstag stellt sich Merkel beim Deutschlandtag der Jungen Union in Dresden dem Parteinachwuchs. Am Sonntag will sie mit der CSU-Spitze um Parteichef Horst Seehofer über eine gemeinsame Linie der Union für die anstehenden Sondierungen mit FDP und Grünen beraten. Es wird erwartet, dass die CDU-Chefin mögliche künftige Partner erst nach einer Einigung mit der CSU offiziell zu Gesprächen einlädt.

Ziemiak kündigte an, die JU werde bei ihrem Deutschlandtag für rote Linien werben. Dort dürfte auch der Kurs des Parteinachwuchses zur CSU-Forderung nach einer Obergrenze für den Flüchtlingszuzug bestimmt werden. Merkel hatte im Wahlkampf garantiert, dass eine Obergrenze nicht kommt. Ziemiak berichtete von Anträgen für den Deutschlandtag, die eine Begrenzung »klassischer Zuwanderung« forderten. »Ob diese Forderung Beschlusslage der Jungen Union wird, müssen die Delegierten entscheiden.«

Mehr oder weniger verbindliche Festlegungen, hinter die sie nicht zurückfallen wollen, haben bislang alle potenziellen Partner getroffen - vor allem in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik. Zoff dürfte es besonders zwischen CSU und Grünen geben. Eine Obergrenze ist schon zwischen CDU und CSU heftig umstritten. Die Grünen sehen in ihr eine rote Linie für Sondierungen. Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), ein Vertrauter Merkels, hatte kürzlich ausdrücklich davor gewarnt, schon vor Beginn von Verhandlungen rote Linien zu ziehen. »Alle Parteien sind gut beraten, keine vorgezogenen Koalitionsverhandlungen zu führen«, sagte er dem »Focus«.

Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, verteidigte die Forderung seiner Partei nach einer Obergrenze, gab ihr zugleich aber eine umfassendere Bedeutung. »Die Obergrenze ist deutlich mehr als die Verengung auf ein Wort«, sagte er der »Augsburger Allgemeinen« (Mittwoch). »Die Obergrenze hat einen thematischen Unterbau und der heißt: Fluchtursachen bekämpfen, Grenzen schützen, Integration fördern, Rückführungen beschleunigen.« Bekämpfung von Fluchtursachen und Integrationsförderung sind Anliegen, die auch Merkel und etwa die Grünen verfolgen.

Ziemiak fürchtet nach eigenen Worten keine weitere Verwässerung des konservativen Profils der CDU durch eine Koalition mit den Grünen. Es gebe Schnittmengen der CDU mit dem Realo-Flügel der Grünen, etwa in der Außen- oder Bildungspolitik. »Dass zwischen der CDU und dem linken Flügel der Grünen hingegen Welten liegen, ist klar«, sagte er. Bei einem ernsthaften Interesse an einer Koalition müssten die Realos die Parteilinken im Zaum halten. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!