»Merkel muss UN-Atomwaffenverbot beitreten«

Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises steigert ICAN den Druck auf die Bundesregierung

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit der Vergabe des Friedensnobelpreises an die Internationale Kampagne zur atomaren Abrüstung steigt der Druck auf die Bundesregierung, den UN-Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen. ICAN Deutschland rief nur zwei Stunden nach der Bekanntgabe der Preisvergabe Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, »so schnell wie möglich« für eine Unterzeichnung des Vertrags zu sorgen. Auf einer Pressekonferenz in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin kritisierte Vorstandsmitglied Sascha Hach: »Die Bundesregierung hat die politische Bedeutung des Verbotsvertrages völlig verkannt.«

Im September hatten 53 Staaten auf der UN-Generalversammlung ein weltweites Verbot von Atomwaffen unterzeichnet, das im Juli in New York von 122 Staaten beschlossen wurde. Die vermutlich neun Atommächte sowie fast alle NATO-Staaten - darunter Deutschland - hatten die Verhandlungen über den Vertrag blockiert.

Hach kritisierte die Bundesregierung, die mit ihrem Boykott der Verhandlungen zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag mit der abrüstungspolitischen Tradition Deutschlands gebrochen habe. Sie sei ihrer globalen Verantwortung nicht gerecht geworden. Nun sollte Merkel »die heutige Würdigung dieses Vertrages durch das Nobelkomitee zum Anlass nehmen, dem Verbot beizutreten. Merkel muss sich nun dem Bündnis der Deeskalation anschließen« fordert Hach.

Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin bei ICAN, sieht nach der Preisverleihung die Atommächte in der Pflicht: »Die Atomwaffenstaaten und ihre Alliierten können sich nicht länger verstecken, wenn der Rest der Welt nach Abrüstung und Ächtung ruft.« Gegenüber »nd« hob Felix Werdermann von ICAN Deutschland die Brückenrolle heraus, die Berlin einnehmen könnte. Ein Beitritt Deutschlands zum Vertrag würde bedeuten, dass die hier gelagerten US-Atomwaffen außer Landes gebracht werden müssten. Auch das Üben mit Kernwaffen bei NATO-Manövern wäre verboten. »Damit würde die Allianz der Atommächte und ihrer Verbündeten bröckeln«, was andere Staaten ermutigen würde, dem Vertrag ebenfalls beizutreten. In keinem Fall könne »die Bundesregierung das Thema nukleare Abrüstung weiter unter den Teppich kehren«, betonte Werdermann.

In Genf sagte die Direktorin der Organisation, Beatrice Fihn, Nordkoreas Atomwaffenprogramm zeige, dass »nukleare Waffen keine Sicherheit und keine Stabilität bringen, im Gegenteil«. Die Waffen bedrohten die gesamte Menschheit, Hunderttausende Menschen könnten innerhalb von Minuten getötet werden.

Die Bundesregierung will dem Atomwaffenverbotsvertrag weiter nicht beitreten. Zwar sei man sich mit ICAN im Ziel einer atomwaffenfreien Welt einig, sagte eine Regierungssprecherin am Freitag. Solange es Staaten gebe, die Atomwaffen als militärisches Mittel ansehen würden und Europa davon bedroht sei, bestehe aber die Notwendigkeit einer nuklearen Abschreckung fort.

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