Friedensnobelpreisträger am Pranger
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos wird für neue Massaker an Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht
Ein Friedensvertrag bedeutet keinen Frieden. Für das Abkommen mit der FARC-Guerilla erhielt Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos vor einem Jahr den Friedensnobelpreis. Fast exakt ein Jahr danach, am 5. Oktober ermordeten staatliche Kräfte in der Pazifikregion nahe der Provinzhauptstadt Nariños, Tumaco, mindestens neun Bauern durch Schussverletzungen. Die Bilder der Toten verbreiteten sich in kürzester Zeit in den sozialen Netzwerken. Die lokale Bauernorganisation ASOMINUMA informierte in einem offenen Brief, dass weitere 18 Personen schwer verletzt sind, allerdings von Polizei und Militär daran gehindert werden, die Region zu verlassen, um in Krankenhäusern angemessen behandelt zu werden.
Die Bauern hatten seit Tagen für eine Umsetzung der in den Friedensabkommen mit der FARC-Guerilla in Havanna vereinbarten Alternativen für illegalen Anbau von Koka protestiert. Laut Beobachtern waren von den Bauern keine Aggressionen ausgegangen. Die staatlichen Einsatzkräfte haben die Bauern mit einer mindestens 500 Mann starken Einsatztruppe umringt und wahllos geschossen. Zusätzlich sei auch aus gepanzerten Militärhubschraubern auf die Menschenmenge geschossen worden. Die meisten Toten sowie viele Verletzte wurden in den Kopf oder Rücken getroffen.
Das Militär bezichtigt die Bauern, explosives Material besessen zu haben und versucht so, den Einsatz zu rechtfertigen. Zudem seien unter ihnen Dissidenten der FARC gewesen. Laut ASOMINUMA gibt es weder für den Besitz noch für den Einsatz von explosivem Material seitens der Bauern Beweise. Kein Polizist oder Soldat war verletzt, gefährdet oder bedroht worden. Die Bauern protestieren für eine Lösung des Konflikts um den Kokaanbau, weiterhin ihre einzige Einnahmemöglichkeit in der Region.
Erst vor einer Woche hatten Soldaten der kolumbianischen Streitkräfte im Departamento Cauca einen Bauern erschossen und zwei Indigene durch Schüsse lebensgefährlich verwundet. Die etwa 50 Soldaten hatten im Morgengrauen auf rund 400 Bauern und Indigene das Feuer eröffnet, als diese sich der Truppeneinheit näherten, um den Verbleib zweier ohne Haftbefehl von den Soldaten festgenommenen indigenen Mitglieder der lokalen Bauernorganisation aufzuklären.
In beiden Fällen standen die Einsätze unter direktem Befehl des Präsidenten, der erst vor einem Jahr den Friedensnobelpreis für seine Bemühungen im Prozess mit der FARC bekommen hatte. Von den laut Nobelpreiskomitee gerühmten »entschlossenen Anstrengungen, den mehr als 50 Jahre andauernden bewaffneten internen Konflikt in dem Land zu beenden«, ist nichts zu spüren. Das jüngste Massaker fand zudem während des bilateralen Waffenstillstands mit der kleineren Guerilla ELN statt, der erst am 1. Oktober in Kraft getreten war. Von vielen Menschenrechtsorganisationen wird Santos Einsatz für den Frieden stark bezweifelt und nun eher eine Verschiebung des blutigen Konflikts festgestellt.
Seit Beginn der Friedensprozesse mit der Guerilla wurden Bedenken laut, dass sich der Konflikt nun gegen die zivile Bevölkerung verschärfen könnte. Gewalt und Morde gegen Anführer und Aktivisten sozialer Organisationen nehmen im Jahr 2017 deutlich zu, alleine im ersten Halbjahr stieg die Zahl im Verglich zum Vorjahr um 31 Prozent. Ein Abgleich der Zahlen mit den vergangenen Jahren widerlegt die Annahme, dass in Kolumbien ein gewaltfreier Frieden näher rückt. Santos trägt als Oberbefehlshaber der Armee dafür die Verantwortung. Am 6. Oktober fanden in den großen Städten des Landes Kundgebungen und Demonstrationen statt. Das erneute Massaker löst unter vielen Menschen wieder Ängste aus. Solange der Staat weiter Menschen ermordet, entführt und foltert, fordern viele Menschen die Aberkennung des Friedensnobelpreises von Juan Manuel Santos.
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