Botanischer Garten will Tochter abwickeln
Beschäftigte zweiter Klasse womöglich bald Vergangenheit / Streit um Ausgliederung der Techniker
Die Freie Universität (FU) beendet einen zehn Jahre währenden Missstand beim ihr unterstellten Botanischen Garten. Die Tochterfirma BG BGBM wird abgewickelt. Es sei »nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll, bei nahezu gleichen Löhnen eine Betriebsgesellschaft zu halten«, so FU-Kanzlerin Andrea Bör.
Das ist eine Überraschung, denn schließlich wurde Ende 2016 zunächst nur zugesichert, dass die Löhne bei der 100-prozentigen Tochterfirma bis 2019 nach und nach auf das Niveau des TV-L, also des Tarifvertrags für Landesbeschäftigte, angehoben werden. Dem war ein viertägiger Arbeitskampf unter dem Motto »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« vorausgegangen. Denn selbst wenn zwei Gärtner im gleichen Beet arbeiteten, konnte es sein, dass der eine bis zu 40 Prozent weniger als der andere bekommt. Annähernd die Hälfte der Belegschaft arbeitete für die BG BGBM.
Viele öffentliche Unternehmen in Berlin verfügen über solche Tochterfirmen. Das wird teilweise mit betriebswirtschaftlicher Effizienz begründet - aber in Wirklichkeit geht es um nichts anderes als Tarifflucht und Niedriglöhne. Werden in einer Tochterfirma Tariflöhne gezahlt, dann hat diese gar keinen Sinn mehr.
Die BG BGBM wird wieder in den Garten eingegliedert. »Zurück zur Mutter« heißt es auf den T-Shirts der gewerkschaftlichen Betriebsgruppe. Rund 70 Beschäftigte sollen zum 1. Januar 2018 wieder in die FU integriert werden. Ein Interessensausgleich zwischen der Personalabteilung und dem Betriebsrat soll dafür sorgen, dass kein Mitarbeiter Verschlechterungen erleidet. Seit Monaten wird über Detailfragen gestritten.
Der größte Dissens: Die FU beharrt darauf, dass die zehn Techniker, die beim Botanischen Garten arbeiten, nun in die Abteilung III der Universität verlegt werden. Das bedeutet, dass sie nicht mehr zusammen mit den Gärtnern und dem Besucherservice in einer Belegschaft wären. Für sie zuständig wäre der Personalrat Dahlem der FU, der mehrere Kilometer entfernt ist.
Nicht nur die Technikkollegen seien gegen die Ausgliederung, sagt eine Gärtnerin und Betriebsrätin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. »Der ganze Garten will, dass die Technik bei uns bleibt.«
Doch bei der Kuratoriumssitzung am Dienstag beharrte die FU-Kanzlerin Andrea Bör auf der Zerschlagung der Garten-Belegschaft. Durch die Zusammenlegung aller Techniker der Universität sollen »Synergieeffekte« entstehen. Wie Techniker ohne Erfahrung im Garten mit den komplizierten Gewächshäusern arbeiten sollen, bleibt offen. Dominik Röpert, Personalratsvorsitzender im Garten, sieht das nicht ein. »Es könnte mit den Technikern anders geregelt werden, ohne dass es die Universität einen Euro mehr kostet.«
Im Kuratorium der FU sitzen Banker, Politiker und Akademiker neben Studierenden und Mitarbeitern. Vorsitzender ist der ehemalige Bildungssenator Jürgen Zöllner. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller lässt sich durch Staatssekretär Steffen Krach (alle SPD) vertreten. Sie müssen die Haushaltsplanung absegnen.
Bei der Sitzung dringt Kanzlerin Bör immer wieder auf eine »Zustimmung« zu ihren Spaltungsplänen. Aber andere Mitglieder erfahren erst auf PowerPoint-Folien von den konkreten Plänen. Im Publikum sitzt ein halbes Dutzend Betroffene, und der entsprechende Betriebsrat hat vorab eine lange schriftliche Stellungnahme abgegeben - aber sie werden nicht zur Diskussion eingeladen. Schließlich droht Bör damit, den Betriebsübergang platzen zu lassen und die Tochterfirma doch noch weiterzuführen.
Die Beschäftigten sollen laut bisheriger Planung ab dem 1. Januar 2019 endlich Löhne auf TV-L-Niveau erhalten. Bei einem Betriebsübergang hätten sie ein Jahr früher den TV-L, wie er auch für alle anderen Mitarbeiter der FU gilt. Neben den erhöhten Löhnen geht es auch um weitere Verbesserungen bei Zulagen und Renten.
Im Garten gibt es auch genug andere Probleme: Laut Stellungnahme von Direktor Thomas Borsch in der Presse fehlen bis zu 50 Stellen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Das neu gebaute Victoria-Haus, das tropische Sumpfpflanzen beherbergt, kann wegen des Personalmangels gar nicht erst eröffnen. Wie Beschäftigte bestätigen, werden zahlreiche Flächen von privaten Drittfirmen bewirtschaftet - und diese Flächen verfallen.
Die »Harten vom Garten« haben ihren Spitznamen über viele Jahre verdient. Bisher sind sie die einzige Tochterfirma eines Berliner Landesbetriebs, die die Rückführung in die Muttergesellschaft erkämpfen konnte. Es macht den Eindruck, als ob die FU diese kämpferische Truppe auseinanderjagen möchte.
»Ein Betrieb, eine Belegschaft«, fordern die Beschäftigten, und sie haben Unterstützung von Wissenschaftlern und Studierenden. Ob das Präsidium sich am Ende diesem Druck beugt, ist nicht absehbar. Das Kuratorium hat die Planung für den Stellenplan nämlich nur »zur Kenntnis« genommen, allerdings nicht »zustimmend«.
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