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AfD kneift offenbar vor Auseinandersetzung
Partei in NRW sagt Parteitag für das Wochenende ab / Rechtspopulisten zerstritten
Überraschend hat die AfD am Donnerstag ihren für das Wochenende geplanten NRW-Landesparteitag in Wiehl abgesagt. Als Grund gibt die Rechtspartei offiziell »Sicherheitsbedenken« an. Landesprecher Martin Renner erklärte gegenüber »nd«, dass man Erkenntnisse darüber habe, dass »Linksextremisten« anreisen wollten. Laut Renner drohe eine Wiederholung der Ereignisse vom Bundesparteitag in Köln, wo einzelne AfD-Funktionäre bei der Anreise zum Tagungsort angegangen wurden. In der Kleinstadt Wiehl und mit einer beengten Zugangssituation sei die Lage noch gefährlicher, so Renner. Der parteiinterne Streit sei kein Grund, versichert der Landessprecher. In der AfD werde »immer gestritten«.
Den AfD-Sicherheitsbedenken widerspricht die Polizei im Kreis Oberberg, in dem Wiehl liegt. Auf nd-Anfrage erklärte Polizeisprecherin Monika Treutler, dass man »keine Erkenntnisse« über die Anreise von gewaltbereiten Anti-AfD-Demonstranten habe. Die Polizeisprecherin unterstreicht, dass »die Durchführung der geplanten Veranstaltung der AfD zu keinem Zeitpunkt gefährdet« war. Eine nennenswerte Mobilisierung von Antifa-Gruppen nach Wiehl war indes nicht zu erkennen. Keine der größeren Gruppen rief zur Anreise auf. Dort hätten bürgerliche Proteste – etwa Lesungen und ein »Katerfrühstück« gegen die AfD – dominiert, hieß es.
Der eigentliche Grund für die Absage dürfte der Streit innerhalb der AfD sein. Seit der Bundestagswahl haben neben Frauke Petrys Ehemann Marcus Pretzell noch zwei weitere Abgeordnete die Landtagsfraktion verlassen. Mit Mario Mieruch hat außerdem ein Nordrhein-Westfale in der Bundestagsfraktion hingeschmissen.
In NRW waren viele Schlüsselpositionen im Parteiapparat von Vertrauten des ehemaligen Führungsduos Petry und Pretzell besetzt worden. Im vergangenen Jahr gab es wiederholt Streit um WhatsApp-Gruppen, mit deren Hilfe Anhänger Pretzells parteiinterne Wahlen beeinflusst hatten. Das alles wäre in Wiehl auf die Tagesordnung gekommen. Im Antragsbuch zum Parteitag, dass dieser Zeitung vorliegt, haben mehrere Delegierte beantragt, dass nicht der gesamte Vorstand entlastet wird, sondern einzelne Vorstandsmitglieder Rechenschaft ablegen sollen. Auch von Misstrauensvoten gegen den gesamten Vorstand ist in einem Antrag die Rede. Zur Begründung heißt es, dass »Verhalten von Funktionären« habe zu »Ohnmachtsgefühlen und Resignation« geführt. In einem anderen Antrag wird gefragt, ob »Herr Pretzell Parteigelder veruntreut und sich so im Sinne des Strafgesetzbuches strafbar gemacht« habe. Wenn man also nach Gründen für die Absage des Parteitages sucht, scheint die Erklärung von AfD-Rechtsaußen Thomas Matzke, der derzeit gegen seinen Ausschluss aus der Partei vorgeht, wohl am nächsten an der Realität. Auf Facebook schreibt Matzke, die »größte Bedrohungslage« sei wohl der Rechenschaftsbericht des Rest-Landesvorstands und vor allem der Schatzmeister-Bericht.
Wann die AfD nun zum Landesparteitag einlädt, ist unklar. Vermutlich erst, wenn in Hinterzimmern die Wogen innerhalb der Partei geglättet wurden.
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