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Ampel abgeschaltet

FDP lehnt Bündnis mit Grünen und SPD ab - Grüne wären hingegen nicht abgeneigt

  • Hagen Jung, Hannover
  • Lesedauer: 4 Min.

»Sie werden eine Ampel in Niedersachsen nicht erleben.« Mit diesen Worten hat der Landes-Generalsekretär der FDP, Gero Hocker, alle offen oder insgeheim gehegten Wüsche von SPD und Grünen nach einer rot-gelb-grünen Koalition im Landtag am Montag zunichte gemacht. Und ob Jamaika, ein Bündnis von CDU, Grünen und FDP, zustande kommt, ist fraglich. Gibt es doch seitens der Union und der Liberalen teils erhebliche Bedenken gegen die Politik der Ökopartei. Deutlich wurde das auf einer Pressekonferenz in Hannover, wo sich Repräsentanten der ins Parlament gewählten Parteien zur Koalitionsfrage äußerten, mal halbwegs deutlich, mal in Politsprech arg verklausuliert.

So vermied auch SPD-Generalsekretär Detlef Tanke ein klares Wort dazu, mit wem seine Partei am liebsten zusammenarbeiten möchte, nachdem der von Ministerpräsident Stephan Weil bis zuletzt gehegte Wunsch nach Fortsetzen der rot-grünen Koalition wegen erheblicher Verluste der Ökopartei endgültig geplatzt ist. Es stünden nun andere Konstellationen im Raum, »als wir sie vor der Wahl bevorzugt haben«, eierte Tanke um das Nennen eines favorisierten Bündnisses herum und kaute die Worte Weils vom Wahlabend wieder: »Wir werden mit allen demokratischen Parteien Gespräche führen.« Mit der FDP werden diese nicht zum Erfolg führen und, so drückte es deren Generalsekretär aus, »wohl bei einem Kaffee bleiben«.

Doch eine Ampel, auch wenn sie die Sozialdemokraten noch so sehr möchten, wird dabei nicht zustande kommen. Aber wie ist die Aussicht auf eine Große Koalition und in dieser auf gute Zusammenarbeit? Ist nicht zu viel Porzellan zerschlagen worden zwischen CDU und SPD in der vergangenen Legislaturperiode und jetzt im Wahlkampf? Wenn es zerschlagen wurde, so reagierte Tanke auf diese Frage, dann seitens der Union. Deren Angriffe in jüngster Zeit seien »weit über Maß und Mitte« gewesen. Im Übrigen sei eine Große Koalition immer eine Ausnahmesituation, und die sehe er für Niedersachsen noch nicht.

Ulf Thiele, Generalsekretär der CDU in Niedersachsen, sieht die »Groko« durchaus als Möglichkeit, wenn auch er, wie Tanke, kein klares Bekenntnis dazu abgab, sondern sich auf die allen Parteien derzeit eigene Formel »erstmal Gespräche« zurückzog. Die CDU stehe als zweitstärkste Landtagsfraktion in der Verantwortung, einen Beitrag zu stabiler Regierungsbildung zu leisten. »Zwei Möglichkeiten dazu werden wir besprechen.« Also Groko oder Jamaika, wenn Thiele das auch so nicht sagte.

Was aber sagen die Grünen zum möglichen Bündnis mit Schwarz und Gelb? Eine Ampel hält ihre Landesvorsitzende Meta Janssen-Kucz offensichtlich für das Gebotene, doch auch sie offenbarte das nicht klar und gab angesichts des guten Wahlergebnisses für die Sozialdemokraten zu bedenken: »Der Regierungsauftrag liegt bei der SPD.« Und, so die Vorsitzende wohl immer noch in Ampel-Hoffnung, sie sehe durchaus auch Schnittmengen mit der FDP. Etwa in Sachen Bildungs- und Chancengerechtigkeit und auch, wenn es um Bürgerrechte oder Informationsfreiheit gehe, so die Politikerin.

»Jamaika ist keine Option in Niedersachsen«, bekräftigte Janssen-Kucz. Die Grünen würden sich Gesprächen mit der CDU zwar nicht verweigern, aber mit ihr habe die Partei »die geringsten Schnittmengen«. Die Union habe in den vergangenen Jahren »Haudrauf-Politik« betrieben, habe »mit Dreck geworfen«. Eine Große Koalition würde auch deswegen »Stillstand fürs zweitgrößte Bundesland bedeuten«, bewertete die Vorsitzende diese Alternative.

Sehr verwundert über die Worte der Grünen zur FDP zeigte sich deren Generalsekretär. Schnittmengen, die Meta Janssen-Kucz erwähnt hatte, »suche ich mit der Lupe«, sagte Gero Hocker. Die inhaltlichen Differenzen mit den Grünen seien erheblich, insbesondere mit Blick auf deren Landwirtschaftsminister Christian Meyer.

Und gerade in punkto Schule und Bildung gingen die Auffassungen zwischen der Ökopartei und den Liberalen sehr weit auseinander, aber auch in vielen anderen Bereichen, etwa in der Verkehrspolitik. Die Grünen hätten es wesentlich zu verantworten, dass ganze Autobahnprojekte »auf Eis liegen«. Wenn die FDP - nicht nur deshalb - einer rot-grün-gelben Koalition eine klare Absage erteilen und auch nicht davon zurückweichen werde, so sei das nicht die Entscheidung einiger Spitzenpolitiker in ihr, sondern ein Beschluss des Landesvorstandes. Keinen Hehl machte Hocker aus seiner Sympathie für eine Große Koalition. Das wäre eine starke Mehrheit, und von einer solchen würden die Bürgerinnen und Bürger »besser regiert«.

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