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Pahor muss in die Stichwahl

Sloweniens Präsident verfehlt die absolute Mehrheit und trifft nun auf den früheren Komiker Marjan Sarec

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 3 Min.

Der haushohe Favorit der slowenischen Präsidentschaftswahl muss in die Verlängerung. Mit knapp 47 Prozent der abgegebenen Stimmen verfehlte Amtsinhaber Borut Pahor die notwendige absolute Mehrheit, wie die staatliche Wahlkommission am späten Sonntagabend nach Auszählung fast aller Stimmzettel mitteilte. Sein Herausforderer in der Stichwahl am 12. November ist der frühere Komiker und Bürgermeister der Kleinstadt Kamnik, Marjan Sarec, der knapp 25 Prozent errang. Die Umfragen hatten Pahor in den vergangenen Wochen bis zu 59 Prozent der Stimmen vorhergesagt. Doch im Wahlkampffinale schwand die Zustimmung. Auch die schwache Wahlbeteiligung verhinderte offenbar den erwarteten Durchmarsch des heute parteilosen Ex-Vorsitzenden der sozialdemokratischen SD bereits im ersten Wahldurchgang.

Während dem ebenfalls parteilosen Sarec mit dem Einzug in die Stichwahl ein bemerkenswerter Achtungserfolg gelang, enttäuschten vor allem die Vertreter der Großparteien im insgesamt neunköpfigen Kandidatenfeld. Romana Tomc, die Europaabgeordnete der größten konservativen Oppositionspartei SDS, kam als Drittplatzierte nur auf 14,98 Prozent. Ljudmila Novak, die Chefin der oppositionellen Christdemokraten, landete mit 7,43 Prozent auf dem vierten Rang. Mit Blick auf die Parlamentswahlen im kommenden Jahr war auch das Abschneiden von Bildungsministerin Maja Makovic Brencic für die regierende Zentrumspartei MSC von Premier Miro Cerar wenig verheißungsvoll. Sie kam als Fünftplatzierte nur auf 2,26 Prozent der Stimmen.

Umfragen sehen den fotogenen Ex-Premier Pahor in der Stichwahl zwar weiter in der klaren Favoritenrolle. Doch das Ergebnis des ersten Wahlgangs dürfte Außenseiter Sarec zusätzlichen Auftrieb geben. In einem Land, in dem neue Parteien bereits zwei, drei Monate nach ihrer Gründung die Regierungsgeschäfte übernehmen können, sind Überraschungen bei Urnengängen nie ausgeschlossen.

Der Bürgermeister der nordslowenischen Stadt Kamnik hatte Platzhirsch Pahor im Stimmenstreit als inhaltslosen Selbstvermarkter und »Promi« kritisiert. Der Staatschef habe seine erste Amtszeit vor allem dazu genutzt, sich selbst zu profilieren, ätzt auch Sloweniens Politlegende Milan Kucan, von 1991-2002 erster Präsident des Landes. Pahor sei in erster Linie ein »gewandter Polittechnologe«, der sich zwar alle modernen Kommunikationskanäle zunutze mache, doch mit seinen »zu großen Vereinfachungen« das Präsidentenamt »entleert« und »entweiht« habe.

Doch die Kritik an seiner Amtsführung scheint den 53-jährigen Sohn einer Näherin genauso wenig zu stören wie seine Anhänger. Nur der konservative Daueroppositionsführer Janez Jansa (SDS) kann auf eine derart lange Politkarriere zurückblicken. Schon zu jugoslawischen Zeiten war Pahor Ende der 1980er Jahre mit 26 Jahren Mitglied des Zentralkomitees von Sloweniens Kommunistischer Partei. Obwohl er als Premier (2008-2011) einer Mehrparteienkoalition kläglich Schiffbruch erlitt, feierte der Mann mit dem Dauerlächeln bei den Präsidentschaftswahlen 2012 gegen den von ihm entthronten Amtsinhaber Danilo Türk eine verblüffende Wiederauferstehung.

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