Kohlelobby auf Werbetour

Kolumbiens Regierung und Bergbaukonzerne luden Vertreter der Zivilgesellschaft in die Berliner Botschaft

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.

Kolumbien ist ein wichtiger Steinkohlelieferant für deutsche Kraftwerke. Doch die Regierung und die Förderindustrie des lateinamerikanischen Landes sorgen sich um die Zukunft der Exporte. Nicht nur weil Kohle als Energieträger im Kontext des Klimaschutzes zunehmend verpönt ist, sondern auch weil es im Ausland nicht gut ankommt, dass bei der Förderung immer wieder Grundrechte der lokalen Bevölkerung verletzt werden.

Grund genug, Vertreter von deutschen Nichtregierungsorganisationen zu einem »zukunftsorientierten Dialog über die Kohle« in Kolumbiens Berliner Botschaft zu laden. Gekommen waren am Dienstag auch die Vorstandsvorsitzenden der drei größten Förderunternehmen des Landes, die Präsidentin der Bergbauagentur, Silvana Habib, der Minister für Bergbau und Energie, Germán Arce, und Santiago Ángel, Präsident der kolumbianischen Bergbauvereinigung ACM. Der Branchenchef erklärte, die Steinkohleexporte des Landes hätten im Jahr 2016 um 10,8 Prozent auf 88,48 Millionen Tonnen zugelegt. Damit war Kolumbien der viertgrößte Kohlelieferant auf dem Weltmarkt. Rund zehn Prozent der geförderten Menge gingen nach Deutschland, um die rund 60 Kohlekraftwerke, die hierzulande noch am Netz sind, zu versorgen.

An der positiven Entwicklung des Sektors soll sich natürlich nichts ändern. Das ist ein Auftrag, den Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos seinem Minister Germán Arce bei der Vereidigung im April 2016 mit auf den Weg gab. Der andere Auftrag lautete, den Gemeinden in den Förderregionen zu vermitteln, dass eine verantwortliche Bergbautätigkeit und Erdölförderung notwendig seien, um die Entwicklung voranzutreiben.

Zwischen 1,5 und 2 Prozent trägt der Kohlesektor, in dem laut offiziellen Angaben rund 130 000 Menschen beschäftigt sind, zum Bruttoinlandprodukt bei. Die Regierung plant den weiteren Ausbau der Förderkapazitäten. Dagegen gibt es aber auch Proteste. Zuletzt marschierten Anfang September Repräsentanten der indigenen Ethnie der Wayú durch Bogotás Straßen, um gegen die geplante Ausweitung der Förderung in der riesigen Mine Cerrejón im Verwaltungsbezirk La Guajira zu protestieren. Es ist der größte Kohletagebau in ganz Lateinamerika.

Minister Arce soll als Moderator die Konflikte zwischen Anwohnern und Unternehmen lösen und dies nach außen kommunizieren. Ein Grund seines Auftritts in Berlin war, seine Strategie zu erläutern und um Geduld zu werben. In Kolumbien sei ein Reformprozess im Gang, der die nationalen Institutionen effektiver mache, so seine Botschaft. Ziel der Regierung sei es, internationale Standards bei der Förderung durchzusetzen. Allerdings gehe dies nicht über Nacht.

Damit warb der Minister bei den geladenen Vertretern von Nichtregierungsorganisation wie Misereor, Brot für die Welt, Urgewald und Amnesty International, die seit Langem auf die schlimme Lage in den Förderregionen hinweisen. Zudem verwies er darauf, wie wichtig die Einnahmen aus dem Bergbau für die Umsetzung des Friedensprozesses seien.

Sebastian Rötters von Urgewald kritisierte hingegen, dass Vertreter von Gemeinden, in deren Nachbarschaft Kohle gefördert wird, sowie Angehörige der Opfer von Paramilitärs nicht geladen waren. »Aus unserer Sicht ist es problematisch, dass dieser Dialog nur punktuell erfolgt, keine Kontinuität hat und wir als Nichtregierungsorganisationen auch keinen Einfluss auf die Agenda haben«, ergänzte Susanne Breuer vom katholischen Hilfswerk Misereor, das die Gemeinden der Wayú in der Nähe des Cerrejón-Tagebaus unterstützt. Das indigene Volk wehrt sich gegen den weiteren Ausbau der Mine - diesbezüglich scheinen die Betreiber ihre Strategie zumindest modifiziert zu haben. So ließ das Unternehmen Cerrejón Coal Company, ein Joint Venture internationaler Bergbaukonzerne, durchblicken, dass die Förderquote gehalten, aber nicht erhöht werden solle. Was das genau für die lokale Bevölkerung heißt, muss sich aber noch zeigen.

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