Spanien klagt katalanischen Regierungschef an

Carles Puigdemont drohen bis zu 30 Jahre Haft / Aufruf zu »demokratischem Widerstand« / Ist Puigdemont geflohen?

  • Lesedauer: 2 Min.

Madrid. Die spanische Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Kataloniens ehemaligen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont und weitere Angehörige der abgesetzten Regierung erhoben. Die Vorwürfe gegen die Angeklagten lauteten unter anderem auf Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder, sagte Generalstaatsanwalt José Manuel Maza am Montag in Madrid.

Die Angeklagten würden als Beschuldigte zu Anhörungen vorgeladen, sagte Maza. Man schließe aufgrund der Schwere der Verbrechen keine Maßnahmen - also Inhaftierung und anschließende U-Haft - aus, betonte er. Die Angeklagten hätten »eine institutionelle Krise verursacht, die mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung (durch das katalanische Parlament) geendet« habe, sagte Maza.

Doch ob die Anhörungen vor Gericht stattfinden können ist zweifelhaft. Laut Medienberichten sind Puigdemont und weitere Minister der Regionalregierung nach Belgien ausgereist. Der Chefkoordinator und »Nummer drei« in der Hierarchie der Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, Fernando Martínez Maíllo bejahte die Meldung am Montag vorsichtig: »Das ist anscheinend bestätigt«.

Sollten Puigdemont und die übrigen Angeklagten wegen Auflehnung gegen die Staatsgewalt oder gar Rebellion verurteilt werden, drohen ihnen bis zu 30 Jahre Haft.

Die Regierung von Spaniens konservativem Premierminister Mariano Rajoy hatte die Regionalregierung am Samstag offiziell abgesetzt, nachdem am Freitag das Regionalparlament kurz vor Inkrafttreten der Madrider Zwangsmaßnahmen einen Unabhängigkeitsbeschluss verabschiedet hatte.

Katalonien - Neuordnung oder Zerfall?

Am Montag sollte Madrid die Amtsgeschäfte in Katalonien übernehmen. Die Zwangsverwaltung der wirtschaftsstarken Autonomen Gemeinschaft im Nordosten des Landes soll mindestens bis zur Abhaltung der für den 21. Dezember einberufenen Neuwahlen laufen. Am Montagmorgen hatten Mitglieder der katalanischen Regionalregierung noch demonstrativ Gelassenheit verbreitet.

In einer TV-Rede hatte Puigdemont am Samstag durchblicken lassen, dass er seine Amtsenthebung nicht anerkennt. Der 54-Jährige rief die Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung zum friedlichen »demokratischen Widerstand« auf und sagte, er wolle weiter für die Gründung eines »freien Landes« arbeiten. Danach spazierte er in seiner Heimatstadt Girona mit seiner Ehefrau und wurde von Passanten bejubelt.

Neben Puigdemont waren auch die übrigen Mitglieder der Regierung in Barcelona ihrer Ämter enthoben worden. Insgesamt mussten 150 Regierungsmitarbeiter gehen. Auch die beiden Chefs der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, Pere Soler und Josep Lluís Trapero, wurden abgesetzt. Der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido hatte am Sonntag an die nationalen und katalanischen Polizeieinheiten appelliert zu kooperieren, um einen reibungslosen Ablauf der Wahl im Dezember zu gewährleisten. dpa/nd

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