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Wenn zehn Minuten nicht reichen
Antje Feiks gewinnt Duell um Landesvorsitz der LINKEN in Sachsen
Nach der Probeabstimmung schien das Rennen noch offen. Sollten sich die Bewerber für den Landesvorsitz der sächsischen LINKEN fünf oder zehn Minute lang vorstellen dürfen? Antje Feiks hatte sich den Delegierten des Chemnitzer Parteitags zuvor bereits präsentieren können; als Landesgeschäftsführerin, die sie seit 2009 war, begründete sie den Leitantrag. Vermeintlich ein Nachteil für ihren Herausforderer: André Schollbach, Chef der Ratsfraktion in Dresden, hatte bis dato nicht das Wort ergriffen. Die Abstimmung galt als Stimmungstest und war entsprechend hart umkämpft. Am Ende wollten 85 Delegierte eine Zehn-Minuten-Vorstellung, 81 hätten fünf Minuten gereicht. Man konnte das so deuten, als habe Schollbach genug Rückhalt für einen Coup. Es sollte sich als Trugschluss erweisen.
Erst drei Tage zuvor hatte der Jurist überraschend seinen Hut in den Ring geworfen. Besser: Er war geworfen worden – von drei politischen Schwergewichten der Landespartei, die sonst eher selten den Schulterschluss suchen: Caren Lay und André Hahn, beide Fraktionsvize im Bundestag, sowie Sören Pellmann, erster direkt gewählter Bundestagsabgeordneter der Partei aus Leipzig. Ihr Vorstoß richtete sich gegen den erklärten Wunsch des Landesvorsitzenden Rico Gebhardt, der sich nach acht Amtsjahren auf den Fraktionsvorsitz konzentrieren will und Feiks zur Wunschnachfolgerin erkor.
Das stieß auf Widerspruch. Zum einen war abschätzig von »Erbfolge« die Rede; zum anderen wird Feiks in Mithaftung genommen für schwindende Erfolge der Landespartei. Bei der Bundestagswahl 2005 erhielt diese über 600.000 Zweitstimmen, im September 2017 waren es nur noch 398.627. Der Landesverband büßte zwei von acht Mandaten ein und rutschte auf den dritten Platz hinter AfD und CDU. Bei der Vorstellung, die Landtagswahl 2019 könne ähnlich ausfallen, »wird mir Angst und Bange«, sagte Lay.
Dementsprechend herrscht Krisenstimmung. Sachsens LINKE sei »in der schwierigsten Situation ihrer Geschichte«, erklärte Sabine Zimmermann aus Zwickau. Gebhardt räumte ein, die Partei sei oft »zu langsam, zu technokratisch, zu einfallslos, zu angepasst, kurz: zu langweilig«. Viele meinen, es müsse sich etwas ändern; manche meinen, es brauche dazu neue Köpfe. Die sächsische LINKE, mit 8200 Mitgliedern immerhin stärkster Landesverband, müsse wieder als »Gegenspieler« auftreten, sagt die aus Dresden stammende Bundesvorsitzende Katja Kipping und fügt an, im Duell um den Vorsitz gehe es darum, »wem wir eher zutrauen, die CDU von links zu treiben«.
Auch das ließ sich als Votum für Schollbach deuten, der genau dies vorab als Devise ausgegeben hatte. Auf dem Parteitag bekräftigte er, man müsse die »Rolle als Oppositionsführerin kraftvoll und mit klarem Profil« ausfüllen. Schollbach nutzte die zehn Minuten, um ausführlich das Versagen der »Staatspartei« CDU zu illustrieren, und forderte, seine Partei müsse ihre »Stärken zur Geltung« bringen. Allerdings verlor er kaum ein Wort dazu, wie das gehen soll – und warum er sie dabei führen will. »Mir hat gefehlt, wie es weitergehen soll«, sagte eine Delegierte nach seiner Rede.
Dagegen nannte Feiks konkrete Vorhaben: mehr Mitgliederbeteiligung, eine Stärkung der Arbeit im ländlichen Raum, mehr Druck auf die programmatische Erneuerung der Bundespartei. Diese habe zuletzt »versäumt, die großen Räder zu drehen«, sagte sie und verwies auf Themen wie Europa und Digitalisierung. Feiks umriss auch, was für eine Art Vorsitzende sie zu sein gedenkt: »Ich nenne die Dinge gern beim Namen«, sagte sie, »das gefällt nicht jedem.« In einem Seitenhieb fügte sie an, sie habe sich zur Kandidatur »nicht von heute auf morgen entschieden«.
Das überzeugte eine Mehrheit: 104 Delegierte stimmten für sie, nur 75 für Schollbach. Bei der Wahl des Landesgeschäftsführers setzte sich zudem ihr Wunschkandidat Thomas Dudzak, bisher Sprecher des Vorstands, gegen Franziska Riekewald aus Leipzig durch. Bei der Wahl der Stellvertreter hatte Silvio Lang, ehemaliger Sprecher des Bündnisses »Dresden nazifrei« und heute Mitarbeiter Lays, das bessere Ende gegen Stefan Hartmann für sich. Jana Pinka aus Freiberg wurde im Amt bestätigt. Sie hatte zuvor eingeräumt, vor dem Parteitag Angst gehabt zu haben, »dass es uns zerreißt«. Das sei »nicht so geworden«, erklärte sie – mahnte allerdings, man solle auf Schollbach als Unterlegenen »zugehen und ihn einbinden«.
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