Akademischer Senat kassiert Initiative zur Personalpolitik

Gremium der Humboldt-Universität lehnt umstrittenen Antrag zur Beschäftigung studentischer Hilfskräfte in nicht-wissenschaftlichen Jobs ab

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach massiver Kritik von Studierenden hat der Akademische Senat der Humboldt-Universität einen umstrittenen Antrag zur Flexibilisierung der Personalpolitik von der Tagesordnung gestrichen und auf eine Abstimmung verzichtet. Auf der Sitzung des Hochschulgremiums am Dienstag im Erwin-Schrödinger-Zentrum auf dem Campus Adlershof wollte das Präsidium der Hochschule eigentlich eine Vorlage zur sogenannten »Erprobungsklausel« beschließen lassen.

Der Antrag von Universitätspräsidentin Sabine Kunst sah vor, die Beschäftigung von studentischen Hilfskräften für nicht-wissenschaftliche Tätigkeiten wie zum Beispiel in der Verwaltung oder dem technischen Betriebsdienst zu ermöglichen. Die Initiative zielte auf eine nachträgliche Legalisierung dieser Praxis ab. Denn dass Studierende auch in nicht-wissenschaftlichen Bereichen arbeiten, ist an der Humboldt-Universität und an anderen Hochschulen in Berlin seit Jahren gang und gäbe. Allerdings fehlte dafür bisher die rechtliche Grundlage.

Laut Berliner Hochschulgesetz ist es Studierenden zum Schutz vor Lohndumping und einer ungerechten Konkurrenzsituation zu den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes untersagt, nicht-wissenschaftlich an der Hochschule beschäftigt zu sein.

Mittels der »Erprobungsklausel« ist es den Hochschulen allerdings möglich, von den gesetzlichen Normen abzuweichen und ihre Angelegenheiten in eigener Verantwortung zu regeln. Diesen Spielraum wollte Präsidentin Kunst nutzen.

»Es handelt sich hierbei nicht um die Ausweitung einer gängigen Praxis, sondern die Erprobung neuer Modelle«, sagte Kunst während der Sitzung des Akademischen Senats. Studierendenvertreter widersprachen dieser Einschätzung. Sie waren gegen die Initiative des HU-Präsidiums Sturm gelaufen. Dass der Akademische Senat gar nicht erst über die Beschlussvorlage abstimmen wollte, begrüßten die Studierenden. »Mit der Einstellung von Studentischen Hilfskräften im nicht-wissenschaftlichen Bereich findet eine Flexibilisierung der Personalpolitik statt«, sagte Studierendenvertreter Jan-Martin Zimmermann.

Durch befristete Verträge und abgabenfreie 450-Euro-Verträge im Verwaltungsbereich werde bewusst Lohndumping betrieben. »Das ist eine Strategie, die ich sonst vor allem von Leiharbeitsfirmen kenne«, sagte Zimmermann.

Franziska Baum, Mitarbeiterin des Personalrats der studentischen Beschäftigten an der HU, sagte, dass die Leitung der Universität mit ihrer Initiative eine illegale Praxis durch die Hintertür legalisieren wolle. »Mit dem Versuch der nachträglichen Legalisierung gesteht das Präsidium die bisherige Unrechtmäßigkeit ihrer eigenen Beschäftigungspraxis ein«, sagte Baum. Das sei nicht nur politisch inakzeptabel, sondern sei auch gegenüber den eigenen Verwaltungsstellen unfair.

Besonders skandalös finden es die Studierenden, dass die Universitätsleitung mit der Beschlussvorlage offenbar in die aktuellen Tarifverhandlungen für studentische Beschäftigte intervenieren wollte. Tatsächlich ist die Ausweitung des Tätigkeitsbereichs studentischer Hilfskräfte eine der zentralen Forderungen des Kommunalen Arbeitgeberverbandes, der die Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften GEW und ver.di führt. Hätte der Akademische Senat den Antrag des Präsidiums angenommen, wäre das einer einseitigen Umsetzung der Vorstellungen der Arbeitgeberseite gleichgekommen, kritisierten die Studierenden.

Die Landeskonferenz der Allgemeinen Studierenden-Ausschüsse Berlin forderte unterdessen die Abschaffung der »Erprobungsklausel«. »Es braucht eine kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Erprobungsklausel«, sagte Malte Arms vom Allgemeinen Studierenden-Ausschuss der Beuth-Hochschule. Es ginge dabei auch um eine Abkehr von dem Modell der »unternehmerischen Hochschule«, wie sie derzeit praktiziert werde.

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