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Umweltverbände kritisieren FDP für Jamaika-Aus
Greenpeace: Verhandlungen auch an Weigerung der FDP zur Klimapolitik gescheitert / Beamtenbund: »Wir sind mehr als besorgt«
Berlin. Umweltverbände haben mit Unverständnis auf das Aus der Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition in Berlin reagiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe »dabei versagt, diese Koalition zu einem Bündnis gemeinsamer Verantwortung zu machen«, erklärte Greenpeace-Geschäftsführerin Sweelin Heuss am Montag in Berlin. Jamaika sei auch gescheitert »an der starrköpfigen Weigerung der FDP, aber auch der Union, das Land in eine nachhaltige, klimafreundliche Zukunft zu führen«.
»Mit Jamaika hätte Deutschland den Ausstieg aus der Kohle, das Ende des Verbrennungsmotors und den Abschied aus der Massentierhaltung planen und gestalten können«, erklärte Heuss. Diese Veränderungen werden gleichwohl kommen, aber Deutschland habe die Chance verpasst, »sie vorausschauend und sozialverträglich umzusetzen«.
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Organisation Germanwatch, warf der FDP vor, die Gespräche »torpediert« zu haben. Aber auch CDU und CSU seien bis zum Schluss nicht bereit gewesen, die notwendigen Maßnahmen zu beschließen, »um die erneut beschworenen Klimaziele umzusetzen«. »Ohne Kohleausstieg und eine Wende in Verkehr und Landwirtschaft geht das nicht«, erklärte Bals und fügte hinzu: »Man kann mit Koalitionspartnern, aber nicht mit Naturgesetzen verhandeln.«
Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisierte den Abbruch der Gespräche: »Union und FDP haben in den Jamaika-Sondierungen gezeigt, dass sie nicht willens sind, die selbst erklärten und international vereinbarten Klimaschutzziele mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen. Angela Merkel hat sich einmal mehr als Kanzlerin der Überschriften präsentiert«, so Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner
Der Beamtenbund dbb äußerte sich »mehr als besorgt« über das Scheitern der Jamaika-Sondierungen. »Dieses Land hat kein Chaos verdient, dieses Land braucht bald eine handlungsfähige Bundesregierung«, sagte der scheidende dbb-Chef Klaus Dauderstädt am Montag beim dbb-Gewerkschaftstag in Berlin. »Das Scheitern von Verhandlungen ist uns vom Tarifgeschäft nicht unvertraut.« In der Politik gebe es aber keine Streikoption. »Ihr habt auch ein Streikverbot, versteckt Euch nicht«, rief Dauderstädt den Parteivertretern vor rund 1000 Teilnehmern des öffentlichen Dienstes zu. »Wir, der öffentliche Dienst, sind offenbar der Stabilitätsfaktor im Land geworden.«
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sieht nach dem Scheitern Chancen für einen zweiten Anlauf. »Noch sind nicht alle Stricke gerissen. Die Jamaika-Parteien müssen einen neuen Anlauf machen, denn sie wissen: Für keine von ihnen würden Neuwahlen Erfolg versprechen«, argumentierte der DIW-Präsident am Montag.
Deutschland brauche eine handlungsfähige Regierung mit klaren Zielen und Visionen, so Fratzscher weiter. Die Parteien müssten bei neuen Gesprächen die wichtigen Herausforderungen der Wirtschafts- und Sozialpolitik angehen. Fratzscher nannte unter anderem Forschung und Bildung, Digitalisierung, die Integration Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt sowie die Reform Europas und des Euro.
Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, nannte die Unfähigkeit der sondierenden Parteien, sich auf Kompromisse zu verständigen, »fatal«. »Damit ist die Chance und das Potenzial einer solchen neuen, frischen Regierungskonstellation vertan worden, Deutschland mit neuen Ideen und Denkmustern einen Modernisierungsschub zu geben«, kritisierte der Handwerkspräsident. Parteitaktische Erwägungen hätten offenbar stärker gewogen als die gesamtstaatliche Verantwortung.
Für die deutsche Wirtschaft sei das Scheitern der Sondierungsgespräche »eine Enttäuschung«, so der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer. »Es besteht die Gefahr, dass jetzt die Arbeiten an wichtigen Zukunftsthemen unseres Landes lange verzögert werden.« »Deutsche Unternehmen müssen sich nun auf eine möglicherweise längere Phase der Unsicherheit einstellen«, kritisierte er. Schweitzer wollte die Hoffnung allerdings nicht aufgeben: Er vertraue darauf, dass alle verantwortungsbewussten Akteure am Ende doch noch zu »vernünftigen Kompromissen fähig sind«, erklärte er. Agenturen/nd
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