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- Extreme Rechte in Erfurt
Keine Päckchen für die »Volksgemeinschaft«
Zusteller GLS reagierte umgehend auf Hinweise zum extrem rechten Hintergrund eines Erfurter Nachbarschaftstreffpunktes
»Sollte ihr GLS-Bote sie nicht zuhause antreffen, können sie Ihr Paket in unserem Objekt der Volksgemeinschaft abholen«, heißt es auf der Homepage des Vereins »Volksgemeinschaft e.V.«, der im Erfurter Stadtteil Herrenberg einen Nachbarschaftstreffpunkt errichtet hat. Der Hinweis auf den Paketdienst dürfte dort allerdings schon längst nicht mehr zu finden sein. Denn das Unternehmen GLS hat die Zusammenarbeit aus guten Gründen bereits wieder beendet.
Der Volksgemeinschaft e.V. wurde im August 2015 von Mitgliedern der rechten Kameradschaftsszene gegründet, die teilweise Funktionen in der NPD und der Partei »Die Rechte« hatten. Im Verfassungsschutzbericht 2016 fand der Verein erstmals Erwähnung. In dem Vereinstreffpunkt traten bereits Sänger aus der Neonaziszene auf. Zudem gab es mehrere Veranstaltungen mit ReferentInnen aus der extrem rechten Szene. Zum selbsterklärten Anspruch der Volksgemeinschaft gehört es, die Akzeptanz im Stadtteil zu erhöhen und AnwohnerInnen für die rechte Sache zu gewinnen.
Dazu mache die Volksgemeinschaft verschiedene Angebote. Auf der Homepage werden Freizeitaktivitäten für Jung und alt angeboten. Der Dartautomat gehört ebenso dazu wie der Fitnessraum, der besonders Jugendliche aus der Umgebung anlockt.
Daher war die Empörung bei vielen AntifaschistInnen groß, als bekannt wurde, dass ausgerechnet in diesen Räumen ein GLS-Paketshop eingerichtet werden sollte. Das Unternehmen reagierte schnell und bedankte sich bei den KritikerInnen für die Hinweise auf den politischen Hintergrund des Ladens.
»GLS Germany hat der Volksgemeinschaft Erfurt e.V. sofort nach Bekanntwerden des Sachverhaltes Ende Oktober gekündigt. Jegliche GLS-Technik und -Werbemittel wurden unverzüglich abgeholt, der Standort ist auch nicht mehr in der GLS PaketShop-Suche gelistet«, erklärt Friederike Scholz von der GLS-Presseabteilung gegenüber »nd«. Als europäisches Unternehmen stehe die GLS Gruppe und GLS Germany für Vielfalt, Offenheit und Toleranz. Rassismus habe daher in dem Unternehmen keinen Platz.
Das Unternehmen will aus dem Vorfall Konsequenzen ziehen. Scholz kündigte an, dass die Aufnahmekriterien für die Einrichtung der GLS-Shops überprüft und die MitarbeiterInnen besonders sensibilisiert werden sollen.
Doch noch ist für GLS die Sache nicht ausgestanden. Der rechte Verein dürfte das GLS-Logo seit einigen Tagen nicht mehr verwenden. Doch im Internet wirbt er noch immer mit dem Abholservice des Paketdienstes. Daher könnte nun die Angelegenheit ein Fall für die Justiz werden. »Da die Frist der Unterlassungsaufforderung nun abgelaufen ist, wird die GLS weitere Schritte beraten«, kündigte Scholz an.
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