- Berlin
- Geflüchtete in Berlin
In Tempelhof ist Schluss
Anfang Dezember sollen die letzten Geflüchteten aus den ehemaligen Hangars ausziehen
Im Vorraum zum Flughafenhangar 1 stehen ein paar Tische und Stühle, leere Stellwände und Regale. Hier war bis vor kurzem das »THF Café«, ein Willkommens- und Begegnungscafé für Geflüchtete und Nicht-Geflüchtete. Das Café ist mittlerweile geschlossen, dafür hat im Hangar selbst ein »Ort der Begegnung« eröffnet, im Grunde eine Sporthalle mit vielfältigem kostenlosen Angebot. Hier sollen Nicht-Geflüchtete mit Geflüchteten aus der anliegenden Notunterkunft zusammenkommen.
Die Sporthalle soll bleiben, auch wenn die letzten etwa 170 Geflüchteten, die noch in den ehemaligen Flugzeuggaragen 6 und 7 leben, aller Voraussicht nach Anfang Dezember ausziehen werden. Schließlich kommen sie nicht weit: Nach mehrmaligem Verschieben des Öffnungstermins soll nun tatsächlich ein Teil des Containerdorfes auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens bezugsfertig sein. Laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) war der letzte technische Prüftermin am Freitag erfolgreich. Damit ist die letzte Hürde genommen.
Für den 3. Dezember lädt das Landesamt zu einem Tag der offenen Tür in der Containerunterkunft ein. Anschließend, vermutlich nur wenige Tage danach, sollen die ersten Geflüchteten einziehen.
Zunächst werden 650 Plätze bezugsfertig, also etwa die Hälfte der gesamten Container. Wer dort neben den Bewohnern der Hangars einziehen soll, steht noch nicht fest. Wahrscheinlich werden es Geflüchtete aus anderen Notunterkünften in Tempelhof-Schöneberg oder auch Neukölln sein. Schließlich wolle man die »Sozialraumbindung« gewährleisten, so Monika Hebbinghaus, Sprecherin des LAF. Welche Heime konkret infrage kommen, möchte sie nicht sagen. »Wir haben gelernt, vorsichtig zu sein«, sagte sie dem »nd«. Es könne im letzten Moment immer noch etwas dazwischen kommen, weshalb beispielsweise Termine verschoben werden müssen. Dann würden Hoffnungen enttäuscht, das wolle man den Geflüchteten ersparen.
Betreiber der neuen Unterkunft wird Tamaja – das private Unternehmen war in den vergangenen Jahren für die Notunterkunft in den Hangars zuständig. Zunächst hatte sich Tamaja gesträubt. Warum der Betreiber seine Meinung geändert hat? Hebbinghaus sagt: »Auf unsere Ausschreibung hatte sich niemand beworben.« Daraufhin sei das LAF an einzelne Betreiber herangetreten und habe um Angebote gebeten. Ein solches habe auch Tamaja abgegeben – und dann den Zuschlag erhalten.
Rund 1000 Container stehen auf dem Gelände am Tempelhofer Feld. Die Entscheidung dafür fiel noch unter dem ehemaligen Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Im Januar 2016 wurde extra das Tempelhof-Gesetz geändert, da nach einem Volksentscheid eine Bebauung des Feldes eigentlich verboten war.
Die LINKE, die seit etwa einem Jahr die Sozialsenatorin stellt, war von Anfang an gegen die sogenannten Tempohomes. LINKEN-Landeschefin Katina Schubert hatte den Bau Anfang März als »finanzpolitisch nicht vertretbar« bezeichnet. Grund dafür sind die Baukosten von rund 16 Millionen Euro und die gesetzliche Vorgabe, dass die Tempohomes bis Ende 2019 wieder abgebaut sein müssen. Rückgängig habe die rot-rot-grüne Landesregierung den Bau aber nicht machen können, so Schubert, nachdem der Auftrag vergeben worden war.
In mehrere Hallen des riesigen Flughafengebäudes waren im Oktober 2015 die ersten Flüchtlinge eingezogen. Berlin suchte seinerzeit händeringend nach Unterkünften für Tausende Menschen. Auf dem Höhepunkt lebten in den Hangars 2500 Bewohner. Kapazitäten hätten bis auf 4000 Plätze erweitert werden können. Die Menschen lebten dicht an dicht, die Betten waren lediglich mit Zwischenwänden voneinander getrennt.
In Hangar 4 sollen ab Anfang Dezember rund 100 Plätze für Obdachlose zur Verfügung gestellt werden. Nach dem Auszug der letzten Geflüchteten könnten anschließend weitere Plätze in Hangar 7 hinzukommen. Damit soll die Kältehilfe auf 1000 Plätze aufgestockt werden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.