- Politik
- Die Rechte in Italien
Berlusconi stellt Carabinieri-General auf
Kandidatenkür überrascht Lega Nord / Profitieren könnte die 5-Sterne-Bewegung
Silvio Berlusconi ist immer für Überraschungen gut. Diesmal präsentierte er in einer beliebten italienischen Talkshow seinen Spitzenkandidaten für die kommenden Parlamentswahlen. Nach Ansicht des Parteichefs von Forza Italia sollte der ehemalige Carabinieri-General Leonardo Gallitelli ein Mitte-Rechts-Bündnis im kommenden März siegreich durch die Wahl führen und anschließend den Posten des Ministerpräsidenten übernehmen.
Zwar ist der Name Gallitelli, der von 2009 bis 2015 oberster Kommandeur der Carabinieri war, in Italien nicht unbekannt, von politischen Ambitionen des Generals war bislang jedoch noch nicht die Rede. Nicht nur das Fernsehpublikum zeigte sich überrascht von der Ankündigung Berlusconis, auch der mögliche Bündnispartner von der Lega, Matteo Salvini, erklärte demonstrativ, es habe zu keinem Zeitpunkt Absprachen zwischen Berlusconi und ihm gegeben.
Zuletzt hatten sich die Chefs der drei dem rechten Lager zuzuordnenden Parteien Forza Italia, Lega und Fratelli d’Italia - Berlusconi, Salvini und Giorgia Meloni - anlässlich der Regionalwahlen in Sizilien getroffen. Dort konnte das Mitte-Rechts-Bündnis den Urnengang für sich entscheiden und Überlegungen anstellen, ob man auch auf nationaler Ebene gemeinsam antreten wolle.
Mit dem jetzigen Vorpreschen Berlusconis scheinen die beiden anderen Bündnispartner jedoch wie vor den Kopf gestoßen. Zumindest Matteo Salvini zeigte sich brüskiert. Der Lega-Chef spekuliert seit langem darauf, selbst als Spitzenkandidat der Mitte-Rechts-Bewegung anzutreten und schließlich in den Palazzo Chigi einzuziehen.
Demgegenüber möchte Berlusconi sich selbst noch einmal der Herausforderung stellen. Allerdings hindert ihn ein von der italienischen Justiz ausgesprochenes Verbot, sich bis 2019 um politische Ämter zu bewerben. Der nunmehr 81-Jährige wehrt sich zwar gegenwärtig vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen dieses Verbot. Doch mit einem Urteil der Straßburger Richter ist vor dem Wahltermin - der zwischen März und Mai 2018 liegen dürfte - kaum zu rechnen.
Eben deshalb schlug der Ex-Cavaliere den General als Alternative vor. Immerhin kommentierte der Gouverneur der Lombardei und frühere Lega-Chef Roberto Maroni den Vorschlag Berlusconis mit den Worten, er schätze den General und kenne ihn sehr gut aus der Zeit, als er selbst noch als Innenminister amtierte. »Berlusconi ist jederzeit in der Lage, etwas Außerordentliches aus dem Zylinder zu zaubern«, so Maroni.
Fraglich bleibt jedoch, ob die Idee des Chefs der Forza Italia der Mitte-Rechts-Koalition zuträglich war. Bislang haben sich die drei Parteien noch nicht formell zu einem Wahlbündnis zusammengeschlossen. Ihre Spitzenvertreter haben teilweise zu unterschiedliche Ideen, als dass sich leicht eine gemeinsame politische Linie konstruieren ließe. Dennoch beschwört Berlusconi die Einigkeit der rechten Parteien und sieht sich mit einer ähnlichen Situation wie 1994 konfrontiert: »Damals waren die Kommunisten der Hauptgegner, heute ist Movimento 5 Stelle der Feind.« Damals siegte Berlusconi an der Seite von Marcello Dell’Utri, der inzwischen eine Haftstrafe wegen seiner Beziehungen zur Mafia verbüßt.
Heute jedoch könnte der Vorschlag Berlusconis der Beginn einer Spaltung der Rechten sein. Da sich gleichzeitig aber auch das Mitte-Links-Bündnis zerstritten zeigt, könnte somit M5S - die 5-Sterne-Bewegung - als lachender Dritter den kommenden Wahlsieg davontragen.
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