Schulhelfer lassen sich nicht austricksen

Die LHS Lebenshilfe in der Schule versuchte, einen Betriebsrat zu verhindern - und scheiterte damit vor Gericht

Die Arbeit von Schulhelfern ist durchaus anspruchsvoll. Sie assistieren behinderten Kindern, damit die ihren Schulalltag bewältigen können. Für die Inklusion, also die Eingliederung von Kindern mit Beeinträchtigung in Regelschulen, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht, ist diese Arbeit ein wichtiger Baustein.

Doch die Tätigkeit ist kein anerkannter Ausbildungsberuf, sondern ein Job - etwa für Studierende oder für Menschen, die sich gerade umorientieren. Die meisten Schulhelfer arbeiten in Teilzeit zwischen 10 und 25 Wochenstunden. Recht groß ist die Fluktuation bei Unternehmen, die Schulassistenzen anbieten - und entsprechend schwierig ist eine betriebliche Organisierung der Beschäftigten.

Streit um die betriebliche Mitbestimmung gab es bei der LHS Lebenshilfe in der Schule, dem größten Dienstleister Berlins für Schulassistenzen. Der Geschäftsführer des Unternehmens, Falk Jarling, sträubte sich jedoch dagegen, die Wahl zum Betriebsrat am 13. Juli diesen Jahres anzuerkennen. »Aus unserer Sicht gibt es keinen Betriebsrat«, sagte er dem »nd«.

Die gewählten Mitglieder fassten diese Nichtanerkennung als Schikane auf. Der Konflikt schaukelte sich hoch. Die Geschäftsführung hatte die Wahl vor dem Arbeitsgericht angefochten und musste nun eine Schlappe einstecken. Die Wahl könne nicht für nichtig erklärt werden, urteilte der Richter im Anschluss an eine Verhandlung am Donnerstag. Sie sei auch nicht anzufechten.

Hintergrund des Streites ist die Verschmelzung von zwei Unternehmen kurz vor der Betriebsratswahl. Die LHS Lebenshilfe in der Schule ist nämlich mit Eintrag ins Handelsregister vom 25. Juni aus der Berliner Schulassistenz und der Lebenshilfe Schulhilfe hervorgegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Wahl des Betriebsrates bei der Berliner Schulassistenz mit ihren 472 Beschäftigten bereits drei Wochen später terminiert. Der Wahlvorstand ging zwar auch von einer Zusammenlegung der Unternehmen aus, aber erst zu Beginn des neuen Schuljahres am 1. August. »Das hätte auch Sinn gemacht«, sagte Anja Shakunle, die als zweite Vorsitzende des Betriebsrats aus der Abstimmung hervorgegangen ist. Eine Neuwahl zum Betriebsrat nach der Zusammenlegung war ohnehin nach einem halben Jahr geplant.

Erst auf einer Betriebsversammlung am 3. Juli hat die Geschäftsführung die Firmenzusammenlegung verkündet - und sie verlangte auch, dass die 139 Beschäftigten der Lebenshilfe Schulhilfe zehn Tage später an der Betriebsratswahl teilnehmen müssten. Für den Wahlvorstand sei dies organisatorisch aber nicht mehr zu schaffen gewesen, erklärte Shakunle. Die Geschäftsführung beharrte aber darauf und erkannte die Wahl schließlich nicht an. Für Shakunle war dies von vorn herein ein abgekartetes Spielchen. »Wir sind einfach ausgetrickst worden.« Die Betriebsratsmitglieder vermuteten längst, dass es der Geschäftsführung nicht darum gegangen sei, einen Betriebsrat auch für die Beschäftigten der Lebenshilfe Schulhilfe einzufordern, wo bis zu dem Zusammenschluss keinen Betriebsrat gegeben hatte, sondern vielmehr darum, dem Gremium Steine in den Weg zu legen. Die elf gewählten Betriebsratsmitglieder blieben über Monate hinweg im Ungewissen, ob sie für ihre Gremiumsarbeit freigestellt sind oder sie am Ende noch nacharbeiten müssen. Fünf Mitglieder gaben ihr Amt mittlerweile auf.

Der Richter befand in der Verhandlung jedoch, dass es bei der Wahl nicht darum gegangen sei, Beschäftigte von der Wahl auszuschließen. Demnach folgte er auch nicht der Argumentation der Geschäftsführung. Der Betriebsrat bleibt damit im Amt. Eine Neuwahl des Gremiums für die mittlerweile rund 600 Beschäftigten ist im Januar vorgesehen.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -