Erneut Israel-Fahnen in Berlin verbrannt

Mehrere Festnahmen bei Demonstrationen gegen die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch die US-Regierung

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. In Berlin fanden am Wochenende Proteste gegen die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch den US-Präsidenten Donald Trump statt. Dabei verbrannten die Demonstranten in einigen Fällen auch selbstgemachte israelische Nationalfahnen. Bundes- und Landespolitiker reagierten empört.

Wie die Polizei mitteilte, versammelten sich am Sonntagabend rund 2500 Menschen in Berlin-Neukölln zu einer pro-palästinensischen Demonstration und liefen bis zur Adalbertstraße nach Kreuzberg. Die Demonstration verlief abgesehen vom Verbrennen einer Fahne mit dem Davidstern weitgehend ruhig. Mehrere Verfahren gegen Demonstrationsteilnehmer wurden eingeleitet – häufig wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Ist das Verbrennen von Israel-Fahnen strafbar?

Berlin. Gegen das Verbrennen von Israel-Fahnen auf Demonstrationen vorzugehen, ist juristisch nicht so ganz einfach: Denn dies ist nach Paragraf 104 des Strafgesetzbuches nur dann strafbar, wenn die Flagge etwa an einem Botschaftsgebäude angebracht war und abgerissen wurde. Dennoch muss die Polizei die Polizei auch Verbrennungen von Fahnen, die die Demonstranten selbst mitbringen, nicht hinnehmen.

So haben die Ordnungshüter die Möglichkeit, Auflagen für eine Demonstration zu erteilen. Und sie können auf diese Weise untersagen, dass Gegenstände wie Puppen oder Fahnen verbrannt werden. Bei einer Demonstration am Sonntag im Berliner Stadtteil Neukölln, bei der es zu einer erneuten Flaggen-Verbrennung kam, war genau dies geschehen: Es gab eine entsprechende Auflage, der Verstoß dagegen kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und zwar mit einem Bußgeld.

Bei Demonstrationen, bei denen es eine solche Auflage nicht gibt, kann die Polizei allenfalls unter Hinweis auf die Gefährdung, die von einer öffentlichen Fahnen-Verbrennung ausgeht, gegen derlei Aktionen vorgehen. AFP/nd

Schon am Freitag hatten nach Polizeiangaben bis zu 1200 Menschen vor der US-Botschaft in Berlin protestiert. Ein Polizeisprecher sagte, während der Demonstration seien zwei israelische Fahnen verbrannt worden. Die vom Veranstalter beendete Kundgebung sei laut einem Polizeisprecher »überwiegend störungsfrei« verlaufen. Verletzte habe es nicht gegeben. Die Demonstranten schwenkten palästinensische, türkische und syrische Flaggen. Die Polizei teilte später mit, es habe »zehn Freiheitsentziehungen und zwölf Strafanzeigen« gegeben, unter anderem wegen des Verbrennens von Israel-Fahnen.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) verurteilte die Vorfälle. Die Polizei werde jede Kundgebung auflösen, von der Straftaten ausgingen. Wer das hohe Gut der freien Meinungsäußerung missbrauche und durch das Verbrennen von Fahnen Hass säe, könne nicht den Schutz des Demonstrationsrechts für sich in Anspruch nehmen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat das Verbrennen von Israel-Fahnen aus Protest ebenfalls scharf kritisiert. »Wir akzeptieren nicht, wenn Juden oder der Staat Israel auf diese beschämende Weise beleidigt werden«, sagte de Maizière der »Bild«-Zeitung vom Montag. Deutschland sei »dem Staat Israel und allen Menschen jüdischen Glaubens in ganz besonderer Weise verbunden«. Zudem müssen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit friedlich ausgeübt werden.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich ebenfalls in der »Bild«-Zeitung: »Jede Form von Antisemitismus ist ein Angriff auf uns alle. Antisemitismus darf nie wieder einen Platz haben.«

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte dem Blatt, bei aller verständlichen Kritik an der Entscheidung der USA, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, gebe es »keinerlei Recht und auch keine Rechtfertigung, israelische Fahnen zu verbrennen, zu Hass gegen Juden aufzuwiegeln oder das Existenzrecht Israels infrage zu stellen«. Wer dies dennoch tue, »stellt sich nicht nur gegen Israel, sondern gegen die verfassungsmäßige Ordnung unseres Landes«.

Auch der israelische Botschafter in Berlin, Jeremy Issacharoff, hat das Verbrennen israelischer Flaggen bei verurteilt. »Wie kann es sein, dass jedes Mal, wenn die Palästinenser zur UN oder UNESCO gehen und erklären, es gebe keine jüdische Verbindung zu Jerusalem, niemand randaliert und ihre Flaggen verbrennt?«, schrieb Issacharoff am Montag bei Twitter »Wer Flaggen verbrennt, verbrennt seinen Anstand und Toleranz.« nd/Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.