Jerusalem-Entscheidung »null und nichtig«

Islamische Staaten fordern einhellig Anerkennung des Ostteils als »Hauptstadt Palästinas«

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir, die wir Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästinas anerkennen, sollten die anderen Länder ermutigen, den palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt anzuerkennen.« Der Satz des türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu stand am Mittwoch wie in Stein gemeißelt über dem Istanbuler Islamgipfel. Trotz großer Differenzen in anderen politischen Fragen blieb er der Kitt der Zusammenkunft.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte kurzfristig nach Istanbul eingeladen und kann die Zusammenkunft zumindest für seine Person und die Türkei als propagandistischen Erfolg verbuchen. Er ist es mithin auch für Palästina bzw. das Ringen der Palästinenser um »ihren« Teil Jerusalems als künftige Hauptstadt eines Staates Palästina.

Die 57 Mitgliedsländer der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) haben sich selten in wichtigen politischen Fragen geschlossen gezeigt. Diesmal schon, was um so bemerkenswerter erscheint, da die »Befreiung der Al-Aqsa-Moschee und Jerusalems« nach deren israelischer Vereinnahmung im Juni-Krieg von 1967 durch Israel in der OIC-Präambel als wichtigste Aufgabe der Organisation genannt wird.

Einen Verlierer hat der Gipfel damit auf jeden Fall: Donald Trump. Dessen Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, wurde laut AFP als »einseitig, illegal und unverantwortlich« gebrandmarkt. Wohl selten in der vergangenen drei Jahrzehnten hat ein US-Präsident von einer strukturkonservativ dominierten großen Staatengruppe derart heftige verbale Prügel einstecken müssen.

Selbst die engsten Verbündeten der USA in der islamischen Welt, etwa die arabischen Monarchien, hielten es für angebracht, nicht aus der Reihe zu tanzen. Für Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gab es folglich auch laute Zustimmung, als er dem US-Präsidenten vorwarf, Jerusalem als »Geschenk an die zionistische Bewegung« gegeben zu haben, als ob es »eine amerikanische Stadt« wäre. Nun könne Washington keine Rolle mehr bei Friedensverhandlungen spielen.

Die OIC-Vertreter, namentlich der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan als amtierender OIC-Vorsitzender, stellten es als Konsens dar, dass alle Mitglieder die palästinensischen Gebiete als eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt anerkennen. In ihrer Abschlusserklärung forderte die OIC: »Wir erklären Ost-Jerusalem zur Hauptstadt des Staates Palästina und laden alle Länder ein, den Staat Palästina mit Ost-Jerusalem als seiner besetzten Hauptstadt anzuerkennen.«

Darüber hinausgehende konkrete Beschlüsse oder gar Strafmaßnahmen gegen die USA gibt es allerdings nicht. Auch die geringste diplomatische Missbilligung, wie die Einbestellung des Botschafters, wagte keines der OIC-Mitglieder. Letztlich gibt es für alle doch andere Prioritäten als Palästina.

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